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Recht

Es ist kein Geheimnis: Das deutsche Bildungssystem hat seine besten Tage hinter sich. Die Schulgebäude sind vielfach marode. Lehrpersonal ist Mangelware. Und im Hinblick auf die Digitalisierung wäre auch noch Luft nach oben.

Diese Rahmenbedingungen sind für alle Kinder schwierig. Besonders dramatisch ist die Lage allerdings für all jene, die besondere Förderung brauchen. Nämlich lernverzögerte und hochbegabte Schülerinnen und Schüler. Dass Eltern ihren Nachwuchs vor diesem Hintergrund auf eine Privatschule schicken, ist also durchaus nachvollziehbar. Doch lassen sich die Aufwendungen für Schulgebühren als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen?

Diese Frage musste unlängst das Finanzgericht Münster im Fall eines hochbegabten Kindes entscheiden (Az. 2 K 1045/22 E).

Amtsarzt rät dringend zum Schulwechsel

Die außerordentlichen intellektuellen Fähigkeiten des Kindes waren aktenkundig. Zudem hatte der Amtsarzt bestätigt, dass das Kind in der Regelschule nicht entsprechend gefördert werden könnte. Durch die ständige schulische Unterforderung traten behandlungsbedürftige psychosomatische Beschwerden auf, die sich innerhalb eines Jahres zu einem besorgniserregenden gesundheitlichen Gesamtzustand entwickelten. Diese Beschwerden stehen im direkten Zusammenhang zur besonderen Lernbegabung.

Aus Sicht des Arztes war es daher dringend erforderlich, das Kind auf eine Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten zu schicken. Dies stelle eine adäquate Behandlung der vorliegenden Beschwerden dar.

Schulgebühren als außergewöhnliche Belastung?

Die Eltern folgten dieser Empfehlung und suchten für ihren Nachwuchs ein Internats-Gymnasium mit dem speziellen Förderangebot aus. Die Klassen dort umfassen höchstens zwölf Schüler, das Abitur wird nach zwölf Jahren geschrieben.

Vor dem Hintergrund der amtsärztlichen Empfehlung setzten die Eltern die Kosten für den Besuch des Internats, ebenso wie Aufwendungen für Heileurythmie, als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Steuererklärung an.  Das FG Münster erkannte diesen Posten aber nicht an.  Das Argument: Die Aufwendungen für den Privatschulbesuch gehörten zu den Kosten der privaten Lebensführung.

Finanzamt: Spezielle Förderung ist keine Heilbehandlung

Weiter führte die Behörde aus, dass dieser Grundsatz selbst bei einem infolge von Krankheit lernbehinderten Kind greife. Auch hier seien Privatschulaufwendungen grundsätzlich durch Kinderfreibetrag, Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und Kindergeld abgegolten.

Ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen erfordere vielmehr, dass der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolge und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Therapie stattfinde. Das sei vorliegend nicht der Fall.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Eltern haben Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az. VI B 35/23). Wann das höchste deutsche Finanzgericht final entscheiden wird, ist allerdings noch offen.