Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Seit er im Jahr 2019 zum radiologischen Chefarzt seiner Klinik befördert wurde, soll ein Arzt neben seinem Gehalt auch eine erfolgsabhängige Tantieme von bis zu 70.000 € pro Jahr erhalten. Das konkrete Ziel, dass er dafür erreichen muss, war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allerdings noch unklar.

Deshalb regelten die Parteien, dass „die Klinik dem Mitarbeiter einen Vorschlag unterbreiten (wird), hinsichtlich welcher Positionen das Betriebsergebnis zu korrigieren ist.“ Weiter hieß es in dem Vertrag: „Die Kriterien für die Tantieme werden von den Parteien spätestens bis zum 01.03. eines Kalenderjahres für das Kalenderjahr bzw. bei abweichendem Geschäftsjahr bis zum Ablauf des zweiten Monates des jeweiligen Geschäftsjahrs neu vereinbart. Wird eine Vereinbarung nach Satz 1 nicht oder nicht fristgerecht erzielt, werden die Kriterien durch den Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens bestimmt.“

In den Jahren 2019 und 2020 schloss der Krankenhausträger mit dem Arzt entsprechende Vereinbarungen und zahlte ihm auch seine Tantieme aus. 2021 übersandte die Klinik dem Radiologen aber erst am 19.03. einen entsprechenden Vorschlag. Trotz intensiver Verhandlungen kam es zwischen ihr und dem Arzt jedoch zu keiner Vereinbarung. Der Arbeitgeber zahlte deshalb am Ende lediglich 7000 € als Tantieme „nach billigem Ermessen“ aus.

Zielvereinbarung: Wer zu spät kommt, muss bezahlen

Der Chefarzt klagte daraufhin auf Zahlung von 63.000 € als Schadensersatz. Das Argument: Die Klinik habe es unterlassen, eine Zielvereinbarung mit ihm abzuschließen. Nur deshalb sei ihm der Löwenanteil seiner Tantieme entgangen.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG gaben dem Mediziner recht und entschieden: Der Klinikträger ist zur Zahlung der Tantieme verpflichtet, da er keine Zielvereinbarung mit dem Chefarzt abgeschlossen bzw. den Vorschlag dafür zu spät unterbreitet habe (LAG Schleswig-Holstein, Az. 2 Sa 150/22).

Das gelte auch deshalb, weil grundsätzlich davon auszugehen sei, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte. Etwas anderes sei nur anzunehmen, wenn besondere Umstände diesen Rückschluss ausschließen. Solche besonderen Umstände habe der Arbeitgeber vorliegend aber nicht nachgewiesen.

Wie sich Streit um Zielvereinbarungen vermeiden lässt

Zielvereinbarungen führen in der Praxis immer wieder zu Problemen – sei es, weil sie, wie hier, nicht oder zu spät abgeschlossen oder weil es Streit gibt, ob die Ziele wirklich erreicht wurden. Um Letzteres zu verhindern, lohnt sich ein Blick auf  § 135 c SGB V.   Er steckt den rechtlichen Rahmen solcher Vereinbarungen für Klinikärzte ab.

Welche Zielvereinbarungen sind erlaubt?

Zulässig sind danach nur Ziele, die keinen unmittelbaren Bezug zur eigentlichen ärztlichen Leistung des Chefarztes haben. So sollen Anreize vermieden werden, dass ein Arzt vorwiegend auf Masse statt auf Klasse arbeitet, um seine Ziele zu erreichen.

Weiterhin sollten die Ziele der sogenannten SMART-Regel genügen, also

  • spezifisch,
  • messbar,
  • ausführbar,
  • realistisch und
  • terminiert sein.

Denkbar ist es daher zum Beispiel, die Einführung eines neuen Behandlungssystems innerhalb eines bestimmten Zeitfensters als Ziel zu definieren oder das Abarbeiten von Arztbriefen jeweils bis zum Ende des Quartals.