Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Politik

Der Tausch der TI-Konnektoren wurde von der Gesellschafterversammlung der gematik hatte Ende Februar beschlossen. Hintergrund sind Sicherheitszertifikate, die innerhalb der nächsten sechs Monate ablaufen. Die Gematik hatte erklärt, dass es laut Hersteller und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) keine Möglichkeit gebe, den Konnektor bis zum Übergang in die Telematikinfrastruktur (TI) 2.0ohne Austausch betriebsfähig zu halten.

Für den Aufwand im Kontext des Tauschs des Konnektors sollen die Arztpraxen 2.300 € erhalten. Weitere Pauschalen, u.a. für ein ebenfalls notwendiges Update für die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA), wurden ebenfalls vereinbart. Laut GKV-Verband stelle man insgesamt knapp 400 Mio. Euro zusätzlich bereit.

Kostenerstattung zu niedrig, Austausch des Konnektors gar nicht notwendig?

Allerdings möchte die KBV diesen Weg nicht mitgehen und lehnt den Schiedsspruch ab. Der vom Bundesschiedsamt festgelegte Betrag von 2.300 Euro pro Praxis reiche nicht aus, um die seitens des ersten Anbieters aufgerufenen Kosten zu decken, so Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): „Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht auf den Kosten für Dinge sitzen bleiben, die sie nicht zu verantworten haben.“

Zudem sei es gar nicht sicher, ob der millionenschwere Konnektorentausch wirklich notwendig sei. Es gäbe mindestens zwei Alternativen, die ihn vielleicht stoppen könnten. Gassen: „Wir fordern von der gematik endlich lückenlose Aufklärung ein.“  Dabei gehe es neben den erwartbar hohen Kosten und erheblichen Belastungen für die Praxen, die es zu vermeiden gelte, auch um Nachhaltigkeit, so KBV-Chef Gassen.

Fachmagazin zeigt günstige und sichere Alternativen

Zuvor hatte das IT-Fachmagazin c`t berichtet, es habe einen Konnektor „aufgeschraubt“ und nachgeschaut, ob es stimme, dass der Austausch der Konnektoren laut gematik „alternativlos“ sei.

Das Fazit der Redaktion lautete: „Setzt man für drei gSMC-K-Karten einen Herstellungspreis von zusammen 30 € an, ließen sich pro ausgetauschter KoCoBox etwa 1556 Euro sparen. Bei den Arbeitskosten für den Kartentausch, Aufspielen neuer Firmware, Rekonfiguration der Praxis-IT sowie An- und Abfahrt unterstellen wir in etwa dieselben wie bei der Kalkulation für den Konnektortausch von CGM.“

Unverständlich sei, warum die Gematik trotzdem auf einen Austausch aller Konnektoren besteht und keine Unterscheidung zwischen den Modellen der drei Hersteller macht: „Statt 300 Millionen Euro für den Tausch von 130.000 Konnektoren, würde der Tausch der gSMC-K-Karten der KoCoBoxen nur einen kleinen Bruchteil kosten.“

Vernichtung von Geld, Technik und Zeit

„Es muss alles dafür getan werden, um das gigantische Geldvernichtungsprogramm zur Erzeugung von Technikschrott zu Lasten von Praxen und der Versichertengemeinschaft zu verhindern“, erklärte dazu heute auch der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister.

Die gematik müsse eine klare Aussage treffen, ob die Cloudlösung – die Telematikinfrastruktur (TI) 2.0 – bis Ende 2025 tatsächlich umgesetzt ist. Die Hersteller wiederum müssen verbindlich erklären, ob sie ihre Software entsprechend aktualisieren können. „Denn dann wäre der Konnektorentausch gegebenenfalls komplett unnötig“, so die KBV.

Verbände fordern sofortiges Moratorium

Auch andere Standesvertreter melden sich zu Wort: Der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte, des Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD), der Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) und weitere Berufsverbände plädieren inzwischen für ein sofortiges Moratorium der Telematik-Infrastruktur (TI). Das hatte der Deutsche Ärztetag bereits 2021 von der gematik gefordert.

Dies sei notwendig, um den „zu erwartenden Totalschaden bei der Akzeptanz durch die Nutzer“ abzuwenden. Erst wenn die von der gematik angekündigte TI 2.0 verfügbar ist und damit die Voraussetzungen für den störungsfreien Betrieb sichergestellt sei, könne ein Neustart des Projekts erwogen werden.