Wie Sie Nadelstichverletzungen abrechnen können
Dr. med. Heiner PaschÄrztinnen und Ärzte sowie ihre Praxisteams sind jeden Tag einem hohen Risiko ausgesetzt, sich eine Nadelstichverletzung zuzuziehen. Dies bedeutet für die Betroffenen eine hohe Infektionsgefahr. Was Praxisinhaber im Ernstfall beachten sollten und wie sie Nadelstichverletzungen abrechnen können.
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, wenn eine Nadelstichverletzung (NSV) in der Arztpraxis passiert? Muss ich jede auch noch so banale Nadelstichverletzung der Berufsgenossenschaft (BG) melden? Diese Frage ist wichtig für Ärztinnen und Ärzte als Arbeitgeber. Denn tatsächlich besteht für jede NSV eine Meldepflicht! Schon allein für den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter ist dies wichtig. Und für den späteren Nachweis einer Berufskrankheit sollten Betroffene auch im eigenen Interesse den NSV-Unfall melden. Trotzdem werden nur zwischen 9 und 13 Prozent der NSV der Berufsgenossenschaft gemeldet.
Wie ist das konkrete Vorgehen bei einer Nadelstichverletzung?
Kommt es zu einer NSV ist Handeln angesagt. Praxischefs müssen einen ärztlichen Unfallbericht erstellen und an die Berufsgenossenschaft senden. Zudem müssen sie eine Arbeitgebermeldung ausfüllen und ebenfalls an die BG übermitteln. Zunächst wird die Unfallmeldung mit dem Arztvordruck F1050 ausgefüllt und zeitnah an die BG geschickt. Dies ist seit dem 1. Januar 2021 auch dann erforderlich, wenn der Verletzte dem D-Arzt vorgestellt wird. Die Abrechnung erfolgt über die Nr. 125 der UV-GOÄ (8,85 Euro).
Es sollte auch eine Beratung des Verletzten erfolgen. Diese sollte im Unfallbericht dokumentiert werden, um bei eventuellen Spätfolgen darauf verweisen zu können. Da immer auch eine Anfangsuntersuchung der Verletzung erfolgt, können Beratung und Untersuchung in der Praxis mit nur einer Abrechnungsposition abgerechnet werden, der Nr. 1 UV-GOÄ (7,33 Euro).
Laboruntersuchungen
Auch zum Laborspektrum gibt es eindeutige Vorgaben. Dabei wird der Fokus eindeutig auf eine mögliche Infektion mit Hepatitis B oder C und HIV gelegt. Hier ist es ratsam, sich an die Empfehlung der BG zu halten. Diese finden Sie hier.
Die Prüfung von Anti-HBc und Anti-HBs ist jedoch nur bei unsicherer Immunitätslage vorgesehen (Anti-HBs-Titer nie oder vor mehr als zehn Jahren >/= 100 IE/L). Bei sicherer Immunität sind Kontrollen nicht erforderlich. Die Bestimmung von Anti-HCV und ein HIV-Screeningtest sind dagegen in allen Fällen einer Nadelstichverletzung obligat durchzuführen.
Da die Laboranalysen in der Regel durch den Laborarzt erfolgen, bleibt für Hausärztinnen und -ärzte die Blutentnahme (UV-GOÄ Nr. 250/3,25 Euro) bei Überweisung mit Muster 10. Wiederholungen der genannten Untersuchungen sind nach sechs und zwölf Wochen vorgesehen. Nach insgesamt sechs Monaten werden erneut HBV- und HCV-Antikörper untersucht. Ein erneuter HIV-Screeningtest kann entfallen, wenn die beiden letzten Tests (nach sechs und zwölf Wochen) negativ waren.
Abrechnung der Folgekontakte
Bei den Folgekontakten ist bei banaler Verletzung, blandem Verlauf und fehlender Symptomatik oft nur die Blutabnahme (UV-GOÄ Nr. 250/3,25 Euro) abrechenbar, wenn die Kontakte im selben Behandlungsfall liegen (drei Monate ab Erstvorstellung). Alternativ wäre auch eine Beratung (als alleinige Leistung: UV-GOÄ Nr. 11/2,93 Euro) möglich. Deren Honorar liegt allerdings unter dem der Blutentnahme. Auch nach sechs Monaten dürfte bei blandem Verlauf lediglich eine Beratung (Nr. 11) erfolgen. Jedoch kann bei entsprechendem Bedarf, etwa bei geklagter Symptomatik, auch die Nr. 1 neben der Nr. 250 abgerechnet werden.
Fazit
Auch bei banal erscheinenden Nadelstichverletzungen ist grundsätzlich eine (medizinische) Unfallmeldung an die BGW zu senden. So wird späteren Ersatzansprüchen aus eventuellen Schäden durch eine saubere Dokumentation vorgebeugt.
Nadelstichverletzung |
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Standardisierte Vorgehensweise nach Vorgabe der BGW
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