Wie Bewegung beim Stressabbau hilft
Marcus SefrinKörperliche Aktivität hat nicht nur positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, sondern auch auf die Stressregulation im Körper. Patienten sollten aber das Cortisol-Paradox im Blick haben – viel hilft nicht viel.
Das Konzept des Stresses ist allgegenwärtig. Im biologischen Rahmen ist Stress definiert als Zustand, in dem die Homöostase eines Organismus bedroht scheint. Das gilt gleichermaßen bei realen und empfundenen Bedrohungen und kann durch externe und interne Kräfte verursacht werden. Sport ist ein Beispiel für solche Homöostase-Bedrohungen – und veranschaulicht die Janusköpfigkeit des Stresses.
Sport und Cortisol: Empfehlungen der DGE
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat kürzlich auf das Wechselspiel zwischen Sport und Cortisol hingewiesen. Die Beeinflussung der Konzentration des Stresshormons kann dabei in beide Richtungen gehen: Während moderate Bewegung die Cortisol-Regulation unterstützt, kann übermäßiges oder zu intensives Training den gegenteiligen Effekt haben und zu einem dauerhaft erhöhten Cortisol-Spiegel führen. Die Fachgesellschaft empfiehlt daher, körperliche Aktivität gezielt in den Alltag zu integrieren, aber dabei auf eine gesunde Balance zu achten. „Entscheidend ist, auf den eigenen Körper zu hören und sich nach intensiven Belastungen ausreichend Zeit zur Erholung zu gönnen“, erläutert PD Dr. Birgit Harbeck, Kiel.
Cortisol als Marker für körperliche Belastung
Das Nebennierenhormon Cortisol ist als Teil der Hypothalamus-Hypophysen-adrenalen (HPA) Achse ein zentrales Element für die Antwort des Organismus auf Herausforderungen in seinem Umfeld, also die Stressbewältigung. Es sorgt dafür, dass der Körper schnell handlungsfähig ist, indem es hilft, Energiereserven zu mobilisieren, den Stoffwechsel reguliert und auch entzündungshemmend wirkt. Die Cortisol-Konzentration zeigt einen stark zirkadianen Rhythmus mit hohen morgendlichen Spiegeln und einem stetigen Rückgang bis zu einem Nadir um Mitternacht. Die Cortisol Awakening Response (CAR), der typische Konzentrationspeak 30 bis 45 Minuten nach dem Erwachen, wird als möglicher Marker des globalen Stresses diskutiert, also sowohl von Merkmalen der körperlichen Überbelastung als auch von psychosozialen Störungen, die beide zusammenhängen können.
Moderate Bewegung: Stressabbau und stabile Cortisolwerte
Regelmäßige Bewegung in moderatem Umfang hilft, Stress abzubauen und damit auch den Cortisol-Spiegel stabil zu halten. Studien zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Stresshormonproduktion stabilisieren und dabei helfen kann, schneller zu entspannen. Es werden bei Belastung weniger Stresshormone ausgeschüttet – und zwar auch, wenn die Belastung durch Alltagsstress zum Beispiel am Arbeitsplatz oder im Straßenverkehr verursacht wird. Diese stresspuffernden Effekte vereinen insbesondere Sportarten, die wie Radfahren, Spazierengehen, Schwimmen oder Yoga auch zur mentalen Entspannung beitragen. „Ganz grundsätzlich gilt: Bewegung sollte durchaus anstrengen, aber vor allem Spaß machen!“, betont der Schweinfurter Endokrinologe Prof. Matthias Kroiß. Hochintensive Belastungen ohne ausreichende Regeneration können dagegen das Stresshormonsystem überfordern und langfristig zu Erschöpfung führen, auch zu mentaler.
Sport und Nebenniereninsuffizienz: Anpassung der Hydrocortison-Therapie
Die DGE verweist in dem Zusammenhang auch auf die Empfehlungen für Patienten mit Nebenniereninsuffizienz. Sie sollten in der Lage sein, bei anstrengenden Aktivitäten ihre Ersatztherapie selbstständig und bedarfsgerecht anzupassen.
Lebenswichtiges Hormon
Die DGE warnt vor dem Internettrend „Cortisol-Detox“. In sozialen Medien teils beworbene kostenpflichtige Tests zur Messung des eigenen Cortisol-Spiegels seien zudem ungenau und irreführend.
u. a. Pressemitteilung der DGE