Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Den einen oder anderen Arzt hat es in den vergangenen Jahren schon erwischt: Mit der Post flatterte eine Abmahnung herein, beispielsweise wegen unvollständiger Angaben im Impressum auf der Website der Arztpraxis. Ein Serienbrief einer Kanzlei, mit dem diese die Gebühren kassiert.

Gesetz verhindert Missbrauch von Abmahnungen

Die Corona-Pandemie hat die Meldung zwar in den Hintergrund treten lassen. Doch der Bundesrat hat am 9. Oktober 2020 ein entsprechendes Gesetz gebilligt, durch das der Missbrauch von Abmahnungen verhindert werden soll. Das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ oder auch kurz “Abmahngesetz” trat am 2. Dezember 2020 größtenteils in Kraft.

Vor allem Selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen werden besser geschützt. Abmahnungen sollen zu einem rechtstreuen Wettbewerb beitragen, nicht aber zur Generierung von Anwaltsgebühren und Vertragsstrafen missbraucht werden. Das neue Gesetz verringert daher die finanziellen Anreize des Abmahnens deutlich.

Kein Anspruch auf Kostenerstattung für Abmahnung

So sollen Mitbewerber bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder bei Verstößen von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern gegen Datenschutzrecht keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Abmahnung erhalten. In diesen Fällen wird bei einer erstmaligen Abmahnung auch die Höhe einer Vertragsstrafe begrenzt.

Abmahner können sich zudem nicht länger aussuchen, vor welchem Gericht sie wegen der Rechtsverletzungen im Internet klagen. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (sogenannter fliegender Gerichtsstand) ermöglicht dem Kläger eigentlich, sich bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen das für ihn passende Gericht auszusuchen. In Zukunft gilt nun für Abmahnungen wegen Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten, also des zuvor Abgemahnten.

Unzulässige Werbung kann weiterhin abgemahnt werden

Abgemahnte sollen in Zukunft auch leichter darlegen können, dass es sich um eine missbräuchliche Abmahnung handelt. Ein Anhaltspunkt dafür soll beispielsweise schon dann bestehen, wenn durch Mitbewerber massenhaft Abmahnungen versendet werden oder eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung. Für Wettbewerbsvereine wird zudem eine Registrierungspflicht beim Bundesamt für Justiz mit hohen Anforderungen eingeführt.

Nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung waren Ärztinnen und Ärzte wiederholt abgemahnt worden. Gründe waren fehlerhafte Datenschutzerklärungen auf der Praxiswebsite oder dem ­Facebook-Auftritt. Solche Geschäftsmodelle sollen künftig der Vergangenheit angehören. Praxisinhaber können aber weiterhin Ziel seriöser Abmahnungen sein. Allerdings muss es sich dabei um einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß handeln, der von einem Abmahnenden aus der Gesundheitsbranche stammt und der um dieselben Patienten wirbt. Das könnte der Fall sein bei Verstößen gegen das restriktive Werberecht der Ärzte. Eine unzulässige Werbung kann weiterhin abgemahnt werden.

Das Justizministerium hatte bereits 2018 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Es sollte dafür sorgen, dass Abmahnungen nicht dazu missbraucht werden, vorrangig Gebühren und Vertragsstrafen einzunehmen. Der entsprechende Gesetzentwurf lag aber auf Eis, bevor er im Herbst 2020 vom Bundestag verabschiedet wurde und am 2. Dezember in Kraft trat. Nur die Regelungen zur Aktivlegitimation der Abmahnberechtigten treten erst am 01.12.2021 in Kraft. Verbände müssen sich dann für die Abmahnberechtigung in die „Liste der qualifizierter Wirtschaftsverbände“ eintragen und hierfür ein Zulassungsverfahren durchlaufen.