Warum Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag oft wenig wert sind
Judith MeisterMedizinische Fachangestellte (MFA) mit fundierter Qualifikation sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Viele Praxisinhaber fördern daher Fort- und Weiterbildungen finanziell. Kommt es jedoch zur Kündigung, fordern zahlreiche Arbeitgeber die Kosten zurück und verweisen auf Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag – zu Recht? Tatsächlich ist das nicht immer zulässig.
Verah, NäPa, Eva - Fortbildungen für Medizinische Fachangestellte gibt es zuhauf. Und sie sind beliebt: Absolventen dieser Kurse steigern ihren Marktwert deutlich. Wer sich beispielsweise zur Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (Verah), zur nicht-ärztlichen Praxisassistentin (NäPa) oder zur entlastenden Versorgungsassistenz (EVA) weiterbilden lässt, hat nicht nur bessere Aufstiegschancen, sondern verdient langfristig auch mehr. Und natürlich profitiert davon auch der Arbeitgeber, weshalb Fortbildungen auch mal von der Praxis gesponsert werden.
Das Problem: Diese Fortbildungen gehen ins Geld. Je nach Anbieter und Kurs können Gebühren von mehreren Tausend Euro anfallen. Vielfach müssen sich MFA während der Fortbildung auch von der Arbeit freistellen lassen bzw. Urlaub nehmen.
Wenn der Chef in einer solchen Konstellation anbietet, sich an den Kosten zu beteiligen, ist das also erst einmal eine gute Nachricht. Meist werden Arbeitgeber dies aber nicht aus Nächstenliebe tun, sondern ihr Engagement an Bedingungen knüpfen. Oft finden sich bereits im Arbeitsvertrag Formulierungen, die Rückzahlungspflichten vorsehen, wenn eine auf Praxiskosten fortgebildete MFA kurz nach dem Ende des Kurses kündigt, um eine andere – womöglich besser bezahlte – Stelle anzutreten.
Sind Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag rechtens?
Solche Klauseln, die eine Rückzahlung der Kosten im Fall einer Kündigung einfordern, sind grundsätzlich erlaubt. Damit sie im Ernstfall auch gelten, stellt die Rechtsprechung aber strenge Anforderungen an die konkrete Gestaltung.
Wann dürfen Arbeitgeber von ihnen gezahlte Fortbildungskosten zurückfordern?
Grundsätzlich gilt: Um sicherzustellen, dass sich ihr Investment in die Weiterbildung lohnt, dürfen Arbeitgeber – entweder im Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Vereinbarung – eine Erstattung der von ihnen übernommenen Kosten verlangen. In der Regel wird diese Erstattung immer dann fällig, wenn ein Mitarbeiter innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss des Kurses kündigt und die Praxis verlässt.
Welche rechtichen Vorgaben gelten für Rückzahlungsklauseln?
Damit die Klauseln einer gerichtlichen Prüfung standhalten, müssen sie sich jedoch an den Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen messen lassen (§§ 305 ff. BGB). Dass bedeutet zunächst ganz allgemein, dass sie für die MFA klar und verständlich formuliert sein müssen und diese nicht unangemessen benachteiligen dürfen.
Welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung an eine wirksame Rückzahlungsklausel?
Praxischefinnen und Praxischefs dürfen Geld für Fortbildungen nur zurückverlangen, wenn ihre MFA durch den Kurs oder das Seminar einen geldwerten Vorteil erlangt hat – etwa, weil die bessere Qualifikation ihr bessere Gehaltschancen eröffnet.
Der Arbeits- oder ein Weiterbildungsvertrag muss eindeutige Regeln dazu enthalten, welche Belastungen auf die MFA zukommen, wenn sie kurz nach einer Fortbildung kündigen (vgl. BAG, Az. 3 AZR 698/10)
Die Rückzahlungsforderungen dürfen nicht statisch sein, sondern müssen sich Schritt für Schritt verringern, je weiter der Abschluss des Kurses und das Kündigungsdatum auseinanderliegen.
Der Arbeitgeber darfkeine unangemessenen Hürden für einen Jobwechsel aufbauen. Deshalb müssen der Nutzen der Fortbildung und die Dauer der Bindung an den Arbeitgeber in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen: Bei einer einmonatigen Fortbildung sehen die Gerichte meist eine Bindungsfrist von einem halben Jahr als angemessen an, wer eine zwei Jahre laufende Zusatzausbildung absolviert, muss eine Bindung von bis zu fünf Jahren akzeptieren (vgl. BAG, Az. 3 AZR 900/07).
Was sind die Folgen einer unwirksamen Rückzahlungsklausel?
Sie entfaltet keine Wirkung und der Praxischef kann von der scheidenden MFA keinen Ersatz für die Kosten der Fortbildung verlangen.
Welche Fehler machen Arbeitgeber besonders häufig?
Ein weit verbreiteter Fehler ist es, die Rückzahlungspflicht allein an das vorzeitige Ausscheiden der MFA aus dem Praxisteam zu koppeln. Erlaubt ist eine Rückforderung aber nur bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers – und auch nur dann, wenn diese aus freien Stücken geschieht. Wer hingegen aus gesundheitlichen Gründen seinen Job an den Nagel hängt, darf nicht auch noch mit Rückzahlungsforderungen überzogen werden.