Praxisabgabe: Wie Sie den Wert Ihrer Praxis ermitteln
Heiko FeketeImmer mehr Niedergelassene stehen vor ihrem Ruhestand und planen somit, ihre Praxis zu verkaufen. Um den Praxiswert zu ermitteln, sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen. Diese Berechnungsmethoden helfen dabei.
Die Praxisabgabe zu planen, erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Drei bis fünf Jahre sollten Praxisinhaberinnen und -inhaber einplanen, um sämtliche organisatorische, rechtliche und wirtschaftliche Fragen zu klären. Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Fragen zählt hier insbesondere die Praxiswertermittlung.
Um den Verkaufswert einer Praxis errechnen zu können, gibt es zwei geläufige Methoden: Die Bundesärztekammermethode sowie das modifizierte Ertragswertverfahren. Die Bundesärztekammermethode berücksichtigt zum einen den materiellen Wert der Praxis, den sogenannten Substanzwert. Er errechnet sich unter anderem aus der Praxiseinrichtung, den medizinisch-technischen Geräten und der EDV-Ausstattung. Seit 2008 ist die neue Bundesärztekammermethode im Umlauf
Berechnung des Praxiswerts nach der Bundesärztekammermethode
Praxiswert = [(übertragbarer Umsatz – übertragbare Kosten – alternatives Arztgehalt) x Prognosemultiplikator] -> Goodwill + materieller Wert
Der übertragbare Umsatz bildet dabei den durchschnittlichen Jahresumsatz der letzten drei Kalenderjahre in der Praxis ab. Davon werden übertragbare Kosten und das alternative Arztgehalt abgezogen. Die Summe dessen wird mit dem Prognosemultiplikator multipliziert, der auch Faktoren wie Fachrichtung und geografische Lage der Praxis mit einbezieht. Er ergibt sich aus der Anzahl der Jahre, in denen von einer Patientenbindung durch die Tätigkeit des bisherigen Praxisinhabers ausgegangen werden kann. Für eine Einzelpraxis sind das in der Regel zwei Jahre.
Der übertragbare Umsatz abzüglich der Kosten und des Arztgehaltes mal Prognosemultiplikator ergibt den sogenannten Goodwill einer Praxis. Addiert man den Goodwill mit dem materiellen Wert, hat man den Praxiswert ermittelt. Als alternatives Arztgehalt wird der Durchschnittsverdienst eines Oberarztes herangezogen.
Die „alte“ Bundesärztekammermethode berechnet den Goodwill anders:
[(3-Jahres-Umsatzdurchschnitt – alternativer Arztlohn) / 3 -> Goodwill] + materieller Wert
Dem 3-Jahres-Umsatzdurchschnitt wird der alternative Arztlohn abgezogen. Ein Drittel dieses bereinigten Umsatzes ergibt nach dieser Rechenmethode den Goodwill der Praxis. Anschließend wird der materielle Wert addiert.
Im Gegensatz zur neuen Bundesärztekammermethode berücksichtigt die alte Formel nicht die Ausgaben in einer Praxis. Auch die fehlende Umsatzprognose ist ein Nachteil, da potenzielle Nachfolger ein besonderes Interesse daran haben, welche Erträge sie mit der Arztpraxis in Zukunft erzielen können.
Berechnung des Praxiswerts nach dem modifizierten Ertragswertverfahren
Praxiswert = [(zukünftige Überschüsse eines festgelegten Zeitraums – kalkulatorischer Arztlohn – Steuern) x Abzinsungsfaktor] + Verkehrswert (entspricht dem materiellen Wert)
Das modifizierte Ertragswertverfahren berücksichtigt die zukünftigen Überschüsse eines festgelegten Zeitraums - abzüglich des kalkulatorischen Arztlohns und der Steuern. Die zukünftigen Überschüsse können Sie anhand der Umsätze der vergangenen drei bis fünf Jahre schätzen. Daraus ergibt sich eine Summe, die mit dem Abzinsungsfaktor multipliziert wird.
Die Abzinsung berechnet den aktuellen Wert einer zukünftigen Zahlung unter Berücksichtigung eines bestimmten Zinssatzes. All die Faktoren in Klammern werden zusätzlich mit dem Verkehrswert addiert, der dem materiellen Wert aus der Bundesärztekammermethode entspricht. Der kalkulatorische Arztlohn ist dabei nicht automatisch der Durchschnittsverdienst eines Oberarztes. Niedergelassene Ärzte können ihn individuell festlegen.
Maßgeblich für die Berechnung sollten bei dieser Methode fachliche Qualifikationen, alternative Verdienstmöglichkeiten und der für die Erzielung des Gewinns erforderliche zeitliche Einsatz für die Praxis sein. Das modifizierte Ertragswertverfahren geht außerdem von einer sogenannten Goodwill-Verflüchtigung aus.
Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass ein ausscheidender Praxisinhaber nach dem Praxisverkauf nur noch wenig Einfluss auf den weiteren Praxiserfolg nehmen können. Der neue Inhaber baut sich während des Kapitalisierungszeitraums seinen eigenen Ruf und seine eigenen Patientenbeziehungen auf. Die sind dann wirtschaftlich als Goodwill des neuen Praxisinhabers anzusehen.
Die genannten Berechnungsmethoden geben eine gute Orientierung, mit welchen Zahlen Ärztinnen und Ärzte bei Ihrer Praxisabgabe kalkulieren können. Sie sind aber nicht immer pauschal anwendbar, da die Verhältnisse von Arztpraxen auch immer individuell zu betrachten sind. Niedergelassene sollten daher den Wert Ihrer Praxis am besten auch durch ein zusätzliches externes Gutachten ermitteln.