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Pädiatrie
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Die Liste der beteiligten Fachgesellschaften an der S3-Leitlinie „Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin“ gibt eine Ahnung davon, wie viele Jugendliche vor der Herausforderung stehen, mit ihren chronischen Krankheiten gut und sicher in der „normalen“ Versorgung anzukommen: Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin ist dabei, die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie und die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie, mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und –diabetologie oder der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie ebenso auch spezielle pädiatrische Fachgesellschaften.

Herausforderungen beim Übergang

Insgesamt 21 Organisationen plus die federführende Deutsche Gesellschaft für Transitionsmedizin stehen auf dem Titelblatt der 2021 erstmals veröffentlichten Leitlinie. Doch trotz aller in der Leitlinie zusammengefassten Evidenz und trotz Modellprojekten hängt eine reibungslose Transition in Deutschland bislang stark vom Engagement einzelner Einrichtungen ab. Darauf wiesen die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) jetzt in einer gemeinsamen Pressemitteilung hin. „Es fehlt an flächendeckenden, verlässlichen Strukturen und klar definierten Verantwortlichkeiten“, betont darin Prof. Lars Pape, Sprecher der DGKJ in der AG Transition, der auch die S3 Leitlinie zu Transition koordiniert hat.

Finanzierung der Transitionsmedizin: Ein ungelöstes Problem

Einen Grund für dieses weiter bestehende Manko deutet die S3-Leitlinie bereits ganz am Anfang in ihrer Zielsetzung an: „Diese Leitlinie soll dazu beitragen, dass im deutschen Gesundheitswesen Transitionsleistungen regelhaft zur Versorgung von chronisch kranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen gehören und gesichert von den Kostenträgern finanziert werden.“ Pape bemängelt, dass entgegen diesem Ziel eine Integration spezieller Angebote, die Heranwachsende beim Wechsel von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin unterstützen, in die Regelversorgung bislang immer noch auch daran scheitere, dass sie – abseits einiger Modellprojekte – nicht dauerhaft finanziert seien.

Initiativen der Fachgesellschaften für eine bessere Transition

Mit verschiedenen Initiativen wollen DGIM und DGKJ auch und gerade Ärzte für die Relevanz der Transition sensibilisieren. So haben beide Fachgesellschaften gemeinsam ein Schwerpunktheft ihrer Verbandsorgane „Die Innere Medizin“ und „Monatsschrift Kinderheilkunde“ herausgegeben, das parallel in beiden Publikationen erschienen ist. Und das Thema soll noch stärker in der Aus- und Weiterbildung bei den Jahrestagungen von DGIM und DGKJ in den Blick genommen werden, kündigt die DGIM-Vorsitzende Prof. Dagmar Führer-Sakel an, die 2026 auch Kongresspräsidentin des Internistenkongresses ist.

Chronisch kranke Jugendliche besonders gefährdet

Gerade für junge Menschen, die an komplexen Krankheitsbildern wie etwa Mukoviszidose, Typ-1-Diabetes oder seltenen, oft angeborenen Erkrankungen mit mehreren typischen Symptomen leiden oder eine Organtransplantation erhalten haben, ist der Wechsel von der familienzentrierten Kinderheilkunde in die eigenverantwortliche Erwachsenenmedizin mit Risiken verbunden. „Werden Vorsorge und notwendige Therapien nicht konsequent fortgeführt, drohen bleibende Schäden, Komplikationen und eine erhöhte Langzeitsterblichkeit“, erinnert Prof. Ursula Felderhoff-Müser, Präsidentin der DGKJ.

Zusammenarbeit für bessere Versorgung: Die AG Transition

Die gemeinsame AG Transition beider Fachgesellschaften gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren. Sowohl Felderhoff-Müser als DGKJ-Präsidentin als auch ihre DGIM-Amtskollegin Führer-Sakel und der Leitlinien-Koordinator Pape arbeiten am Universitätsklinikum Essen – vielleicht auch ein Grund für den jetzt unternommenen gemeinsamen Vorstoß.

Heterogene Patientengruppe mit ähnlichen Herausforderungen

Die S3-Leitlinie widmet sowohl Jugendlichen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes als auch solchen in der Nachsorge nach einer schwerwiegenden Erkrankung wie Krebs oder einer Organtransplantation. Letztere seien formal nicht chronisch krank und würden sich häufig auch nicht so erleben. Dennoch eint all diese Patientengruppen die Notwendigkeit einer regelmäßigen, oft multidisziplinären medizinischen Versorgung, die durch den Prozess der Transition gestört oder gar unterbrochen werden kann.

Empfehlungen für weitere Patientengruppen notwendig

Noch nicht in der aktuellen Fassung der Leitlinie, aber für spätere Überarbeitungen vorgesehen, sind Empfehlungen für Menschen, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Einschränkung oder Behinderung dauerhaft auf fremde Unterstützung angewiesen sind. Gleiches gilt für Patienten in palliativen Situationen. Der Unterstützungsbedarf der Patientengruppe, die nicht in der Lage sind, ihr Leben weitestgehend selbstständig zu führen, sei deutlich größer, gleichwohl könnten manche Empfehlungen der Leitlinie, gegebenenfalls modifiziert, übernommen werden – derzeit gebe es aber keine ausreichende Evidenz, um eine S3-Leitlinie für diese Personengruppe zu formulieren.

Neue Herausforderungen durch durch Folgeerkrankungen

Während Patienten mit Typ-1-Diabetes schon lange den Übergang von der pädiatrischen zur Erwachsenenmedizin erleben konnten, machen Therapiefortschritte der letzten Jahrzehnte inzwischen auch Erkrankungen in der Erwachsenenmedizin relevant, die früher ausschließlich in der Pädiatrie behandelt wurden. Als besonders eindrucksvolle Beispiele nennen DGIM und DGKJ in ihrem gemeinsamen Schwerpunktheft Mukoviszidose und viele Krebserkrankungen des Kindesalters. Damit gehen nicht nur zahlenmäßig mehr Transitionspatienten einher, sondern auch fachlich neue Themen, zum Beispiel da viele junge Menschen, die im Kindesalter Krebs hatten, im Laufe ihres Lebens internistische Komorbiditäten wie Herz- und Nierenprobleme sowie Störungen des Hormonhaushalts entwickeln.

Quellen:

S3 Leitlinie Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin; AWMF-Register Nr. 186-001

Führer-Sakel D. Innere Medizin 66, 561–562 (2025). https://doi.org/10.1007/s00108-025-01929-x

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin