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Dermatologie
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Gut zu handhaben, komfortabel zu tragen und hilfreich. Ein solches Fazit haben Patienten nicht immer gezogen, wenn es um das Thema Kompressionsstrümpfe ging. Doch in einer im Juli veröffentlichten kontrollierten, klinischen Studie wurden Passgenauigkeit und Tragekomfort von 98 Prozent der Teilnehmer als gut oder sehr gut bewertet, das Anlegen von 89 Prozent und das Ablegen von 78 Prozent. Solche Werte mögen auch widerspiegeln, dass die Hilfsmittel längst nicht mehr altbacken aussehen, sondern modisch auch mit bunten Farben und unterschiedlichen Mustern daherkommen können und somit eine bessere Akzeptanz erfahren.

Bochumer Studie belegt: Kompressionstherapie wirkt bei Adipositas

Ziel der Studie war herauszufinden, ob medizinische Kompressionsstrümpfe die Venenbeschwerden bei adipösen Menschen lindern.

Adipositas ist ein gravierender Risikofaktor für die Adipositas-assoziierte funktionelle venöse Insuffizienz (AA-FVI). Ursache dafür ist die Beeinträchtigung der Venen in der Leistenregion durch Fettgewebsmassen im Unterbauch. Der Druck in der Leiste erhöht sich, was einen erhöhten intravenösen Druck und eine verringerte Blutflussgeschwindigkeit in den Beinen zur Folge hat.

In der Venenstudie war das Prävalenzverhältnis zwischen schwerer (CEAP-Klassifizierung C4 bis C6) und nicht vorhandener (C0/C1) chronischer venöser Insuffizienz bei adipösen Patienten mit BMI über 30 Kilogramm/m² nach Adjustierung für verschiedene andere Risikofaktoren 2,86-fach höher als bei normalgewichtigen. Je länger die AA-FVI nicht behandelt wird, desto höher das Risiko morphologischer Veränderungen an den Venen. Dies kann zu schweren venösen Erkrankungen und Komplikationen führen, Beispiele sind Stauungsekzem, Dermatoliposklerose, Ulkusbildung oder tiefe Venenthrombose.

Studienergebnisse: 43% weniger Beschwerden in vier Wochen

Durch das Tragen medizinischer Kompressionsstrümpfe reduzierten sich in der Studie die Symptome der AA-FVI deutlich, der Beschwerde-Score des Varicose Veins Symptoms Questionnaire (VVSymQ) sank in vier Wochen signifikant auf 57 Prozent des Ausgangswerts. Insbesondere die Hauptsymptome Schwellungen, Schweregefühl und Schmerz gingen unter der Verwendung der Strümpfe zurück. Auch das weniger prominente Pochen sank, während Juckreiz insgesamt stabil blieb. Die Beschwerdeverbesserung trat dabei rasch auf, bereits in der ersten Woche sank beispielsweise das Symptom Schwellungen von im Mittel 2,2 auf 1,4 von maximal 5 Punkten.

An der Studie nahmen 49 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 54 Jahren teil, 37 Frauen und 12 Männer. Das Einschlusskriterium für den Body-Mass-Index (BMI) war ein Wert von 30 bis 40 kg/m², im Mittel lag er bei den Teilnehmern bei 35,6 kg/m². Für 40 Teilnehmer lagen ausreichende Daten zu Baseline und dem Ende der Studie in Woche 5 zur Verfügung, für 37 Teilnehmer über den gesamten Studienzeitraum.

Flachstrick vs. Rundstrick: Patientenpräferenzen im Test

Neben der Adhärenz untersuchten die Autoren auch, für welche Art Kompressionsstrumpf sich die Patienten entscheiden. In der ersten Untersuchungswoche trugen die Teilnehmer zu Kontrollzwecken keine medizinische Kompressionsversorgung, in der zweiten Woche am linken Bein einen medizinischen Flachstrick- und am rechten Bein einen medizinischen Rundstrickstrumpf und für die folgenden drei Wochen einen der beiden Strumpfarten nach ihrer Wahl an beiden Beinen. Zum Einsatz kamen knielange Strümpfe der Kompressionsklasse II (23 bis 32 mmHg).

In der Studie entschieden sich 62,5 Prozent der Probanden nach der Probewoche für rundgestrickte Strümpfe, 37,5 Prozent für flachgestrickte. Unterschiede beim Schweregrad der chronischen venösen Insuffizienz oder anderer klinischer Parameter fanden sich zwischen beiden Gruppen dabei nicht. In Studienwoche 2, in der die Teilnehmer beide Arten gleichzeitig trugen, ließen sich keine systematischen Unterschiede im VVSymQ-Score beobachten. Auch die Bewertung des Tragekomforts unterschied sich zwischen Teilnehmern mit Präferenz für die eine oder andere Herstellungsart nicht.

Tragezeit von mehr als acht Stunden ist optimal

Getragen wurden die Strümpfe täglich im Durchschnitt 9,6 Stunden, die flachgestrickten mit fast zehn Stunden im Mittel etwas länger als die rundgestrickten mit knapp neun Stunden in Woche 5. Der VVSymQ-Score sank bei den Patienten, die die Kompressionsstrümpfe im Mittel länger als acht Stunden trugen, auf 42,3 Prozent des Ausgangswerts signifikant stärker als bei denen mit kürzerer Tragedauer.

Zu Beginn der Studie wiesen 22 von 47 Patienten mit entsprechenden Informationen Ödeme auf. Bei 73 Prozent der betroffenen Teilnehmer heilten diese während der Tragezeit der Kompressionsstrümpfe ab, damit sank der Anteil der Patienten mit Ödemen von 47 auf 15 Prozent. Auch die Hauttrockenheit sank währenddessen von 40 auf 23 Prozent.

Welche Regeln gelten für die Verordnung von Kompressionsversorgung?

Kompressionsstrümpfe sind Hilfsmittel und in der Produktgruppe 17 im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt. Sie sind nach § 33 SGB V zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig und werden auf Muster 16 (rosa Kassenrezept) rezeptiert. Dabei anzugeben sind neben der genauen Indikation mit ICD-10-Code und Hilfsmittelnummer die Anzahl (Paar oder ein Stück), eine Materialempfehlung, die erforderliche Kompressionsklasse, die Länge und die Art der Fußspitze.

In der Regel gewähren die gesetzlichen Krankenkassen alle sechs Monate eine neue Versorgung, auch die entsprechende Leitlinie empfiehlt dieses Intervall. Bei vorzeitigem nutzungsbedingtem oder krankheitsbedingtem Verschleiß und bei krankheitsbedingter Formänderung des Beins ist eine erneute Verordnung eines Kompressionsstrumpfs erforderlich. Hierbei sollte die Begründung, zum Beispiel „wesentliche Gewichtsreduktion“ schriftlich auf dem Rezept festgehalten werden. Die Kosten für eine Hilfsmittelversorgung belasten nicht das Budget des Arztes. Für die Mitverordnung einer An- und Ausziehhilfe für Kompressionsstrümpfe ist ein weiteres Rezept erforderlich.

Unterschied zwischen Rund- und Flachstrickversorgung

Rundstrick-Kompressionsstrümpfe werden in einem Zylinder gestrickt, sodass keine Naht erforderlich ist. Die Strumpfweite wird durch größere und kleinere Maschengrößen angepasst. Flachstrick-Kompressionsstrümpfe werden auf flachen Strickmaschinen gestrickt. Hier können Maschen zu- oder abgenommen werden, sodass wesentlich größere Kalibersprünge versorgt werden können. Die flachgestrickten Strümpfe müssen an der Rückseite zusammengenäht werden. Der Vorteil der Flachstrickstrümpfe liegt darin, dass auch atypische Beinformen mit großen Kalibersprüngen versorgt werden können. Ein weiteres Charakteristikum der Flachstrickstrümpfe ist aufgrund der stärkeren Fäden eine höhere Festigkeit und eine höhere Steifigkeit.

Quelle:

Strücker M, Olbricht W. Phlebology 2025; DOI: 10.1177/02683555251358920