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Finanzen

Was für ein Jahr: Seit fünf Monaten zeigen die Aktienkurse nach unten. Viele Anleger sind verunsichert. Zumal es angeblich gute Gründe für das Einknicken gibt. Allen voran werden die Inflation und die steigenden Zinsen genannt. Viele Anleger sind bereit, solche Geschichten zu glauben, wenn sie sie nur oft genug gehört haben. Offenbar machen sich nur wenige Menschen die Mühe, solche Behauptungen zu prüfen.

In der Tat haben die Zinsen einen großen Einfluss auf die Rentabilität und die Bewertung von Unternehmen. Insofern ist die Aussage korrekt. Doch: Ausgerechnet in der stärksten Inflationsphase seit dem 2. Weltkrieg, den 1970er-Jahren, zeigte sich kein Zusammenhang von Inflation und Aktienmarkt.

Der Index kam nicht mehr von der Stelle

Wer sich den Chart des S&P-500-Index zwischen 1973 und 1980 ansieht, erkennt: Unterm Strich kam der Index, der keine Dividenden erhält, kaum von der Stelle. Buy-and-Hold-Anleger verloren wegen der Kursentwicklung und der Inflation real Geld, strichen aber ordentliche Dividenden ein.

Es müssen also andere Gründe gewesen sein, die den Aktienmarkt erst nach Süden und später nach Norden schickten. Dies zeigt sich klar, wenn wir Kursgewinne und Kursverluste mit den Inflationsraten dieser Zeit abgleichen (siehe Tabelle). Die Auswertung zeigt keine Korrelation zwischen der Höhe der Geldentwertung und den Kursgewinnen und -verlusten an der Aktienbörse.

S&P 500 annual. Rendite Inflation USA Inflations-Mittel
1973-74 – 43 % – 19,5 % 6,2 % / 11, 1 % 8,15 %
1975-76 + 58 % + 26 % 9,1 % / 5,7 % 7,4 %
1977 – 17 % – 17 % 6,5 % 6,5 %
1978-80 36,3 % + 10,9 % 7,3 % / 11,3 % / 13,6 % 10,7 %
Daten: finance.yahoo.com, laenderdaten.info / Auswertung: Albrech & Cie.

Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Börsenkursen und der Inflationsrate lässt sich also selbst in hoch inflationären Zeiten nicht herstellen.

Ähnliches gilt für Zinsanstiege. In den 1980er-Jahren erhöhte die US-Notenbank etliche Male die Leitzinsen. Den Anstieg des Aktienmarkts um mehrere Hundert Prozent verhinderte das nicht.

Unsere Schlussfolgerung: Ob Inflation oder Zinserhöhungen den Markt nach unten drücken, hängt von der Marktphase ab, in der diese Faktoren auftreten. Das bedeutet nicht, dass Aktien nicht vor Inflation schützen. Vielmehr erzielten Aktien über lange Zeit die höchsten Nominal- und Realrenditen aller Anlageklassen. Damit bleiben sie der beste Inflationsschutz.

*Der Autor: Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung AG in Köln