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Finanzen

Volkswagen suchte am Morgen des 30. März 2020 Kapitalgeber, die bereit waren, dem Unternehmen für fünf Jahre 700 Millionen Euro zu einem Zinsaufschlag von plus 360 Basispunkten (Rendite etwa 3,35% p.a.) zu leihen. Am Nachmittag gab Volkswagen bekannt, dass die Anleihe zu +335 Basispunkten vollständig am Markt platziert wurde. Zugeteilt wurde die Anleihe zu einem Kurs von 99,598% bei einem Zinscoupon von drei Prozent jährlich – die Rendite lag also bei etwa 3,1 Prozent.

Anleihen, was dahintersteckt

Aus unserer Sicht war das trotz der beinahe üblichen Kürzung gegenüber der Ankündigung noch immer ein sehr attraktives Angebot. Es lag deutlich über dem Markt für vergleichbare Emittenten (am 30. März bei etwa plus 190 Basispunkten) und weit über dem Zinsaufschlag, den Volkswagen in den zurückliegenden Jahren für Anleihen mit vergleichbarer Laufzeit zahlen musste.

Nur warum bietet Volkswagen dann plötzlich gut drei Prozent Zins für eine fünfjährige Anleihe? Die Volkswagen AG ist einer der weltgrößten Autobauer. Nach der schwierigen Zeit der Diesel-Krise ist das Unternehmen mit der Aufarbeitung weit vorangeschritten und operativ hiervon praktisch nicht mehr beeinträchtigt. 2019 wurden sogar so viele Fahrzeuge verkauft wie nie zuvor. Nun standen wegen des Corona-Lockdowns die Produktionsbänder still, die Absatzzahlen sind stark rückläufig. Von einer existenzbedrohenden Krise oder einem Zahlungsausfall kann aber keine Rede sein. Wenngleich die Ratingagenturen mit einer Abstufung drohen, wird sich das bislang solide Rating der Volkswagen AG (BBB+ / A) weiterhin im gesicherten Investment Grade bewegen.

Durch den Absatzeinbruch wird jedoch der Cashflow des Unternehmens gestört. Die Kosten laufen weiter, der Umsatz ist temporär aber deutlich geringer als üblich. Daher hat sich Volkswagen, wie unzählige weitere Unternehmen, vorsorglich Liquidität beschafft.

Um das Risiko einer fehlgeschlagenen Anleiheemission zu minimieren, bieten Emittenten den Kapitalgebern stets einen Anreiz in Form eines Zinsaufschlages. In Krisenzeiten ist dieser immer deutlich höher. Anleger können diese Chancen in der Krise nutzen.

*Der Autor: Thilo Stadler ist Vermögensverwalter bei der I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH in Neuss.