Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Die Zahlen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Insgesamt haben sich Energieprodukte von Dezember 2021 bis Dezember 2022 laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts um 24,4 % verteuert. Im November war der Anstieg zum Vorjahresmonat mit 38,7 % noch deutlich höher. Und die Zukunft sieht nicht besser aus. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Prognos fällt die Strompreisprognose für die nächsten Jahre negativ aus. Demnach werden die Strompreise bis 2030 um bis zu 50 % ansteigen. Es wird auch erwartet, dass Erdgas in Europa in den kommenden Jahren dauerhaft teuer bleibt.

Das bedeutet eine weiterhin erhebliche Belastung für private und unternehmerische Verbraucher. Damit sind auch Arztpraxen von den hohen Energiekosten betroffen. Vor allem diejenigen mit hohem Stromverbrauch wie die Fachrichtungen Radiologie, Strahlentherapie und Dialyse. Zwar erhalten Arztpraxen auch die staatlichen Hilfen zur Eindämmung der Energiekrise und profitieren von der Gaspreisbremse. Vorgesehen ist, dass Kunden für 80 % ihres bisherigen Jahresverbrauchs maximal zwölf Cent pro Kilowattstunde inklusive Steuern und Abgaben zahlen. Entlastungsmaßnahmen für Arztpraxen mit besonders hohem Energieverbrauch sind aber aller Verhandlung zum Trotz weiterhin nicht vorgesehen.

Zudem haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband über finanzielle Hilfen für Arztpraxen mit besonders hohem Energieverbrauch geeinigt. In den Kreis der Anspruchsberechtigten werden radiologische, strahlentherapeutische und Dialysepraxen aufgenommen, die überdurchschnittlich viel Strom für ihre medizinischen Geräte und Apparate benötigen. Die Mehrkostenerstattung erfolgt ergänzend zur staatlichen Förderung und wird aus Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Die Sonderregelung gilt zunächst vom 1. Januar bis 31. Dezember 2023.

Energiemanagementsystem identifiziert Energieeinsparpotenziale

Aber die Hilfen ändern auch nichts an der Tatsache, dass Strom und Gas zu einem exorbitanten Kostenblock für Arztpraxen geworden sind. Daher muss es darum gehen, in Eigeninitiative die Energiekosten mit System zu senken. Eine Lösung ist das Energiemanagement, um Energieverbräuche und -kosten nachhaltig zu optimieren. Immer mehr Unternehmen nutzen ein Energiemanagementsystem, heißt es beim Umweltbundesamt. Das bedeutet laut der Behörde: „Mithilfe eines Energiemanagementsystems werden Energieeinsparpotenziale identifiziert und gehoben. Dazu ist es unter anderem erforderlich, die Energieträger, die Energieströme sowie die Bereiche mit wesentlichem Energieeinsatz zu ermitteln und zu bewerten. Das Energiemanagementsystem hilft so bei Entscheidungen für Investitionen in die Energieeffizienz.“

Energiemanagement kann rund 10 % der Energiekosten sparen

Ein systematisches Energiemanagementsystem gemäß der DIN EN ISO ISO 50001 bietet die Chancen, die Energieeffizienz in Unternehmen fortlaufend zu verbessern. Mit einem Energiemanagementsystem können also der Energieverbrauch, die CO2-Emmissionen und somit auch die Kosten gesenkt werden. Das tritt auf Arztpraxen genauso zu. Damit ist Energiemanagement also ein wirksames Mittel für niedergelassene Ärzte, den steigenden Kosten und Umweltbelastungen selbstständig entgegenzutreten. Laut Deutsche Energie-Agentur GmbH können Unternehmen rund 10 % ihrer Energiekosten dank organisatorischer Maßnahmen nach Einführung eines Energiemanagements sparen. Wichtig dabei ist die Individualisierung: Unternehmen müssen die in der ISO 50001 formulierten Anforderungen angemessenen auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden und umsetzen.

Marius Quitmann

Der Autor: Marius Quitmann-Crawaack ist Leiter des Kompetenzteams Energieaudit und Energieberatung im Mittelstand bei der Höppner Management & Consultant GmbH aus Hannover (www.hoeppner-management.de). Foto: privat

Die ISO 50001 legt einen Schwerpunkt auf einen fortlaufenden Verbesserungsprozess als Mittel zum Erreichen der jeweils definierten Zielsetzung in Bezug auf die energiebezogene Leistung. Das beruht auf der Methode Planung-Umsetzung-Überprüfung-Verbesserung (Plan-Do-Check-Act, PDCA) und umfasst die Elemente „Allgemeine Anforderungen“, „Verantwortung des Managements“, „Energiepolitik“, „Energieplanung“, „Einführung und Umsetzung“, „Überprüfung“ und „Managementbewertung“.

Kurz gesagt heißt das: Das Energiemanagementsystem muss ständig überprüft und weiterentwickelt werden. Und ebenso kann die Verantwortung im Energiemanagement nicht einfach delegiert werden – es ist und bleibt Aufgabe der Praxisleitung, die in alle Prozesse eng eingebunden bleiben muss.

Energieaudit als freiwillige Vor-Ort-Energieberatung durch Experten

Damit Unternehmen die optimalen Einsparpotenziale ermitteln können, müssen sie auch wissen, in welchen Bereichen im Unternehmen wie viel Energie verbraucht wird. Dafür eignen sich Energieaudits, die kleine und mittelständische Unternehmen freiwillig durchführen können. Darunter wird eine Vor-Ort-Energieberatung durch einen fachlich ausgebildeten Experten („Auditor“) verstanden. Innerhalb des Auditprozesses wird mithilfe von Einspar- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen bewertet, welche Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung der Energiekosten von Vorteil sind. Die Ergebnisse werden in einem Auditbericht zusammengefasst, sodass Unternehmen sich an diesen Empfehlungen orientieren können. Ein weiterer Vorteil dabei ist: Energieaudits nach DIN EN 16247 werden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit bis zu 6.000 Euro gefördert.

Wichtig ist, dass Arztpraxen gemeinsam mit dem Auditor individuelle und branchenspezifische Lösungen erarbeiten und Vorschläge für Energieeffizienzmaßnahmen erhalten, mit denen sie wirklich etwas anfangen können. Dafür sollten Unternehmen auf einen erfahrenen Berater setzen, der Kompetenzen in den individuellen Anliegen nachweisen kann.