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Geldanlagen

Während beim Goldpreis in US-Dollar bis zu seinem Höchststand von 1.920 Dollar pro Feinunze im August 2011 noch rund 25 Prozent fehlen, wurden in vielen anderen Währungen zuletzt neue Höchststände erzielt. Entscheidend für die Preisbewegungen ist die Nachfrage.

Rund die Hälfte der Goldnachfrage entfällt jedes Jahr auf die Schmuckproduktion, ein knappes Zehntel wird von der Industrie verbraucht. Die restlichen rund 40 Prozent werden von drei Investorengruppen aufgesaugt: Zentralbanken, Privatanlegern (in Form von Münzen und Barren) und Portfolioinvestoren wie Investmentfonds, Hedgefonds und sonstige institutionelle Anleger. Die entscheidende Frage ist somit, von welchen Faktoren sich diese Investoren leiten lassen.

Wichtige Faktoren bei Goldinvestments

1. Zentralbanken: Bei der Goldnachfrage der Zentralbanken handelt es sich im Wesentlichen um politisch getriebene Entscheidungen, die nicht pauschal eingeordnet werden können. Fakt ist, dass seit rund zehn Jahren ein Nachfrageüberhang besteht. Auffällig ist, dass in den letzten Jahren insbesondere Russland seinen Goldbestand sukzessive ausgebaut hat. Im ersten Halbjahr 2019 wurde die Nettonachfrage der Zentralbanken von insgesamt 374 Tonnen von Polen angeführt, das Russland im zweiten Quartal auf den zweiten Platz verdrängt hat. An dritter Stelle folgt die chinesische Zentralbank.

2. Privatanleger: Bei der physischen Nachfrage nach Münzen und Barren für den privaten Besitz dürften insbesondere zwei Faktoren eine Rolle spielen: Erstens Ängste vor einem Kollaps des aktuellen Finanzsystems und zweitens das Wegbrechen der Zinsen (keine Opportunitätskosten mehr).

3. Portfolioinvestoren: Für Investmentfonds, Hedgefonds und sonstige institutionelle Investoren ist die Vermeidung von Negativzinsen beim Goldkauf ein zunehmend wichtiger Aspekt geworden. Schließlich hat der Anteil der negativ rentierlichen Anleihen in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Verstärkt wurde diese Entwicklung in den zurückliegenden Wochen durch die Zinssenkungen einer ganzen Reihe von Notenbanken. Institutionelle Anleger und Fonds müssen bis zu 0,75 Prozent für ihre Cashbestände bei Kreditinstituten zahlen. Damit bekommt der mit Gold oftmals in Verbindung gebrachte Begriff zinslos eine ganz andere Bedeutung. Bei den Portfolioinvestoren gibt es natürlich auch spekulative Anleger, die mit ihren Goldinvestments auf Kursgewinne setzen. Beispielsweise haben Hedgefonds ihre Bestände zuletzt aufgestockt. Eine dritte Gruppe der Portfolioinvestoren investiert aus strategischen Gründen in Gold, lassen sich auf diese Weise doch Multi-Asset-Portfolios stabilisieren.

Gold gilt als “Krisenwährung”

Da Gold keine laufenden Erträge abwirft, ist eine fundamental basierte Bewertung des gelben Edelmetalls kaum möglich. Gleichwohl sprechen verschiedene Gründe für eine Beimischung von Gold in breit gestreuten Portfolios.

Da die Preisentwicklung des gelben Edelmetalls zum breiten Aktienmarkt in der Regel nur eine sehr geringe, zum Teil auch negative Korrelation aufweist, ist Gold ein guter „Diversifizierer“. Zwar schwankt die Korrelation je nach Betrachtungszeitraum, allerdings ist sie in der Regel weit weg von 1,0 (was einem hundertprozentigen Gleichlauf entsprechen würde). Bei Goldminenaktien versus MSCI World ergeben sich oftmals sogar deutlich negative Werte von bis zu minus 0,79. Gold gilt bei vielen Investoren deshalb zu Recht als „Krisenwährung“ und kann in der Regel genau dann Zugewinne verzeichnen, wenn es bei nahezu allen anderen risikobehafteten Assetklassen zu starken Einbrüchen kommt.

Davon abgesehen stellt die Notenbankpolitik mit sinkenden Zinsen sowohl in Europa als auch in den USA tendenziell Rückenwind für Edelmetallinvestments dar. Niedrige oder negative Realzinsen waren in der Vergangenheit insbesondere aus dem oben genannten Grund (fehlende Zinserträge) häufig ein positiver Treiber für den Goldpreis. In Zeiten, in denen die 12-Monats-Realzinsen in den USA oberhalb von 2,5 Prozent lagen, hat Gold zwischen Anfang 1971 und Mitte 2019 im Schnitt um 0,3 Prozent pro Monat an Wert verloren. Bei moderaten Realzinsen von null bis 2,5 Prozent kam es dagegen zu durchschnittlichen monatlichen Zugewinnen von einem Prozent, und bei negativen Realzinsen waren es sogar 1,2 Prozent pro Monat, also durchaus aktienähnliche Renditen.

Autor: Ottmar Wolf, Vorstand der FAM Frankfurt Asset Management AG in Frankfurt