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Geldanlagen

Eine Möglichkeit der Absicherung sind Stopp-Loss-Kurse. Erfolgt die Berührung oder das Unterschreiten der gewählten Schwelle, kommt es automatisch zu einem Verkauf der jeweiligen Aktie. Wird der Abstand hier zu knapp gewählt, kann dies bei stärkeren Schwankungen allerdings schnell ungewollte Veräußerungen zur Folge haben. Bei größerem Abstand sind bis zum Auslösen der Order dagegen höhere Verluste möglich. Zudem sind Anleger bei einem Verkauf von einer späteren Kurserholung abgeschnitten. Gerade bei Titeln, von deren positiver Entwicklung der Investor überzeugt ist – und nur solche sollten sich im Depot befinden – stehen wir Stopp-Loss-Orders kritisch gegenüber.

Den Aktienbestand absichern

Sinnvoller ist es, den Aktienbestand als Ganzes abzusichern. Dann bleibt auch die Depotstruktur erhalten. Bei einem Portfolio aus deutschen Standardwerten kann dies mit klassischen Verkaufsoptionsscheinen oder Turbo-Short-Produkten (Knock-out-Zertifikate short) auf den Deutschen Aktienindex geschehen. Bei vielen europäischen Titeln im Depot kommt der Euro Stoxx 50 als Underlying in Frage. Dabei zeichnen sich Short-Turbos im Vergleich zu Put-Optionsscheinen insbesondere dadurch aus, dass bei ihnen praktisch kein Zeitwertverlust entsteht. Zudem haben zu- oder abnehmende Volatilitäten beim Basiswert nur einen sehr geringen Einfluss auf die Preisbildung der Produkte. Die Kursentwicklung von Turbos ist damit transparent und leicht nachvollziehbar. Entsprechend einfach lässt sich auch die zur Teil- oder Vollabsicherung eines Aktiendepots benötigte Stückzahl berechnen.

Um beispielsweise ein Portfolio mit deutschen Blue Chips im Wert von 300.000 Euro abzusichern, muss der Betrag lediglich durch den aktuellen DAX-Stand geteilt und anschließend mit der zur Absicherung „eines DAX“ benötigten Anzahl an Scheinen multipliziert werden. Bei einem Indexwert von aktuell um die 11.900 Zähler sind zur vollständigen Absicherung beim üblichen Bezugsverhältnis von 100:1 (um einmal den Index abzusichern werden 100 Scheine benötigt) somit 2.521 Short-Turbos erforderlich. Soll das Depot nur zur Hälfte abgesichert werden, sind es 1.261.

Darauf sollten Sie achten

Beachtet werden muss beim Rückgriff auf Turbo-Produkte allerdings die Knock-out-Gefahr. Wird die Barriere verletzt, platzt der Hedge und das Depot steht wieder ohne Schutz da. Anleger, die den Markt nicht kontinuierlich verfolgen und bei einem Knock-out nicht sofort eine neue Absicherung aufbauen können, sollten deshalb einen etwas größeren Abstand zwischen Barriere (Strikelevel) und aktuellem Indexstand wählen, wodurch allerdings ein entsprechend großer Kapitaleinsatz erforderlich wird.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass Aktienbesitzer mit Short-Turbos für den abgesicherten Depotanteil immer eine vollkommen neutrale Position zum Markt einnehmen. Von Gewinnchancen sind sie damit gänzlich abgeschnitten. Ein Hedge mit Short-Turbos bietet sich deshalb insbesondere dann an, wenn der Anleger größere Kurssteigerungen in näherer Zukunft kategorisch ausschließen kann oder der Verzicht auf Gewinne im Absicherungszeitraum bewusst in Kauf genommen werden soll. Bildlich gesprochen wird das Depot mit diesen Produkten ganz oder teilweise auf „Stand by“ gesetzt. Positive und negative Wertentwicklungen der Aktienpositionen werden vollständig neutralisiert. Verliert der Aktienanteil im obigen Beispiel 25.000 Euro an Wert, wird sich der Kurs der Short-Turbos um jeweils knapp zehn Euro erhöhen und vice versa.

Vorteil der Verkaufsoptionsscheine

Von Banken ausgegebene Put-Optionsscheine (Put-Optionen, die über die Eurex gehandelt werden, sind in der Regel sehr erfahrenen Anlegern vorbehalten) gleichen dagegen eher einer Versicherung, die bei fallenden Kursen des Basiswertes greift. Gleichzeitig – und hierin liegt ein wichtiger Vorteil einer Absicherung mit Verkaufsoptionsscheinen – bleibt die Möglichkeit der Partizipation an steigenden Märkten über den Basispreis hinaus erhalten.

Bei einem Indexstand von etwa 11.900 Punkten kostet etwa ein DAX-Put mit diesem Basispreis sowie einem Bezugsverhältnis von 100:1 aktuell 3,53 Euro. Zur vollständigen Absicherung des obigen Depots muss somit ein Betrag von 8.900 Euro (2.521x 3,59) eingesetzt werden. Steigt das wichtigste deutsche Aktienmarktbarometer bis zum Auslaufen der Absicherung Mitte Juli beispielsweise auf 12.500 Zähler an (plus 5,04 Prozent), wird sich der Wert der im Depot enthaltenen Aktien rechnerisch um 15.120 Euro erhöhen. Die Optionsscheine verfallen wertlos. Insgesamt ergibt sich somit noch einen Gewinn von 6.220 Euro.

Put-Optionsscheine oder Short-Turbos?

Anderseits wird deutlich, dass das Hedging mit Optionsscheinen aufgrund des Zeitwertverlustes, den die Papiere gerade kurz vor Fälligkeit aufweisen und der als Versicherungsprämie verstanden werden kann, in der Regel mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist. Diese fallen immer dann besonders hoch aus, wenn für den Basiswert starke Kursschwankungen erwartet werden (hohe implizite Volatilität).

Ob letztendlich Put-Optionsscheine oder Short-Turbos zur Depotabsicherung besser geeignet sind, lässt sich nicht pauschal sagen. Im Wesentlichen ist die Wahl des jeweiligen Instruments wohl von den individuellen Erwartungen des Anlegers sowie seinen Präferenzen (Versicherungscharakter versus Komplettabsicherung) abhängig. Hinzu kommen die aktuellen Marktparameter. So sprechen niedrige Volatilitäten, wie sie noch vor wenigen Tagen zu beobachten waren, eher für Put-Optionsscheine. Ihr Einsatz bietet sich zudem immer dann an, wenn Anleger mit einem sehr schnellen und heftigen Rückschlag rechnen. Der mit fallenden Aktienkursen in der Regel einhergehende Volatilitätsanstieg sorgt dann für einen zusätzlichen Preisschub, der den bei Optionsscheinen typischen Zeitwertverlust zumindest kurzfristig überkompensieren kann. Wird von sukzessive fallenden Aktien über einen nicht genau definierten Zeitraum ausgegangen, spricht dies dagegen eher für Short-Turbos.

Autor: Stefan Wallrich, Vorstand der Wallrich Wolf Asset Management AG in Frankfurt/Main