Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Der Dieselantrieb ist in vielen deutschen Unternehmen seit Jahrzehnten der Favorit. Von den rund 4,8 Millionen zugelassenen Dienstwagen hierzulande tanken mehr als 80 Prozent Diesel, errechnete die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) im vergangenen Jahr. Handwerksbetriebe etwa warnen schon seit geraumer Zeit, dass sie ohne die Möglichkeit, mit ihren Dienstfahrzeugen Ziele zu erreichen, nicht mehr ihr Geschäft betreiben können. Eine weitere betroffene Gruppe sind Ärzte, die ebenfalls überwiegend mit Dieselfahrzeugen Termine wahrnehmen.

Urteil mit Folgen

Das Bundesverwaltungsgericht hatte Ende Februar entschieden, dass Städte grundsätzlich Fahrverbote für Diesel-Autos verhängen dürfen, um gegen schmutzige Luft vorzugehen. Allerdings seien solche Verbote das letzte Mittel und die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben. Wie und wann die rund 70 betroffenen Städte von Kiel bis München das Leipziger Urteil umsetzen werden, ist zwar noch nicht klar. Klar ist aber auf jeden Fall, dass ältere Dieselfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5 und niedriger seitdem eher eine Last denn Lust für ihre Besitzer sind. Die Wiederverkaufswerte stürzen dramatisch ab und bislang trägt dafür allein der Autobesitzer das Risiko. Nach Zahlen der DAT gaben die Restwerte dreijähriger Gebrauchtwagen mit Dieselmotor im vergangenen Dezember um 3,4 Prozentpunkte auf 52,6 Prozent des ehemaligen Listenneupreises nach. Der Wertverlust bei älteren Dieselautos werde sogar bis zu 15 Prozent erreichen, schätzt das Kraftfahrzeuggewerbe im Südwesten. Immerhin: Ärzte, die sich vor kurzem für einen modernen Diesel der Schadstoffklasse 6d entschieden haben, sollen absehbar nicht von den Fahr-Verboten betroffen sein.

Was sollen vom Bann betroffene Ärzte tun?

Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer warnt davor, sein Auto vorschnell zu tauschen oder zu verkaufen. Man solle einfach weiterfahren. Im Januar 2019 könnte es zunächst einmal für Stuttgart Autos mit der Abgasnorm Euro 1 bis 4 treffen, die also bis Ende 2010 zugelassen wurden. Bei Euro-5-Autos ist das Verkehrsverbot nicht vor dem 1. September 2019 zulässig.

Eine andere Alternative wäre die Nachrüstung: Der ADAC hat nachgewiesen, dass mit einem zusätzlichen Harnstoffkatalysator die Stickoxid-Emissionen von Euro-5-Diesel im realen Betrieb auf der Straße um mehr als 70 Prozent reduziert werden können. Die Fahrzeuge würden damit das erlaubte Euro-6-Niveau erreichen. Dafür wiederum müssten wichtige gesetzliche Bestimmungen geändert werden. Zudem liegen die Kosten laut ADAC zwischen 1.400 und 3.300 Euro pro Fahrzeug. Trotz erheblicher Proteste verschiedener Verbände lehnen die Autohersteller es bislang ab, die Kosten für die Umrüstung zu übernehmen. Doch es gibt ein wenig Bewegung – es deutet sich an, dass auch Bundesmittel zur Förderung der Nachrüstung eingesetzt werden könnten. In der Bundesregierung gibt es Überlegungen, zumindest einen Teil der Dieselflotte mit sogenannten SCR-Katalysatoren nachrüsten zu lassen. Wie der „Spiegel“ berichtet, soll die Aktion zunächst jene Diesel betreffen, für die es bereits Nachrüstsets gibt. Das sind vor allem jene Modelle, die auch in die USA exportiert werden und dort viel strengere Schadstoffgrenzwerte einhalten müssen.

Zudem soll die Nachrüstung zunächst nur in Regionen stattfinden, die besonders von Fahrverboten bedroht sind: Stuttgart, das Rhein-Main-Gebiet oder München. Für die Umrüstung überlegt die Bundesregierung, dass die Autokonzerne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Die Regierung würde Geld zuschießen.

Klagen wenig sinnvoll

Ein zusätzliches Problem ist, dass es nach aktueller Gesetzeslage auch keine juristischen Möglichkeiten gibt, die Autohersteller zur Umrüstung zu zwingen. Die Autos haben alle Werte bei der Zulassung im Labor erfüllt, deshalb sind sie mittlerweile legal auf den Straßen unterwegs. Wenn die Autohersteller nicht für die Umrüstung finanziell aufkommen wollen, könnten Ärzte in gewissen Fällen dennoch vor Gericht ziehen. Für alle, die beruflich auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, stellt sich nämlich die Frage, ob man nicht auch verwaltungsrechtlich seine Mobilität erhalten und schützen kann. Das Stichwort lautet hier „vorbeugende Unterlassungsklage. Ob das aber wirklich sinnvoll ist, kommt auf den Einzelfall an. Professor Dudenhöffer geht sowieso davon aus, dass die Tage des Diesels gezählt sind. In Kürze kommen Benziner mit Hybridantrieb auf den Markt. Die Fahrzeuge seien so sparsam wie Dieselautos, aber nur etwa 500 Euro teurer als ein konventionelles Modell mit Ottomotor, und sie seien nicht von Fahrverboten bedroht.

Sonderregelungen im Gesundheitsbereich?

Auf den Gesundheitssektor wird man ohnehin bei der Regelung von Ausnahmen und Befreiungen ein besonderes Augenmerk legen müssen. Die Fahrverbote dienten dem Schutz der menschlichen Gesundheit und damit dem Schutzgut, dem der Gesundheitssektor insgesamt verpflichtet sei. Es könnten vielen Fälle aus dem Gesundheitsbereich denkbar sein, in denen ein besonderes Verkehrsbedürfnis für eine Ausnahme von etwaigen Fahrverboten besteht. Aber das bleibt vorerst abzuwarten. Ein weiterer Punkt: Ist die Polizei überhaupt personell in der Lage, Fahrverbote zu kontrollieren? Falls Mediziner trotz aller offenen Fragen nicht mit ihrem Diesel zu den Patienten fahren dürfen, bleibt eine weitere Alternative: Wer einen Oldtimer besitzt – mit Benziner und ohne Katalysator – hat absurderweise weiterhin freie Fahrt.