Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisfinanzierung

Treppenlifte. Gebissreiniger. Gleitsichtbrillen. Spätestens wenn man an einem Werktag das Vorabendprogramm im deutschen Fernsehen – oder besser gesagt, die Werbeeinspielungen – betrachtet, wird klar: Der demografische Wandel ist in vollem Gange – und die älteren Bürgerinnen und Bürger sind keineswegs aus der werbewirksamen Zielgruppe herausgefallen.

Im Gegenteil. Zwischen 1991 und 2019 ist die Zahl der 65-Jährigen und Älteren von damals 12 auf 18 Millionen gestiegen. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Damit stellen die über 65-Jährigen 22 Prozent der Gesamt­bevölkerung. Das hat weitreichende Folgen für das Gesundheitssystem und die Gesundheitswirtschaft.

„Schon heute sind dort die Pro-Kopf-Ausgaben bei den 66- bis 86-Jährigen infolge vermehrter Krankenhausaufenthalte fast doppelt so hoch wie bei jüngeren Patienten“, sagt Hendrik Lofruthe, Portfolio-Manager Healthcare bei der Apo Asset Management GmbH.

Gesundheitsprodukte für ältere Patienten sind wichtiger Wirtschaftsfaktor

Fakt ist aber auch, dass Produkte, die der Gesunderhaltung dienen und/oder die speziellen Bedürfnisse der Generation 60 plus ansprechen, ein Wirtschaftsfaktor mit enormem Wachstumspotenzial sind: Zwar können nicht alle Senioren einen Ruhestand ohne finanzielle Nöte genießen, viele aber haben im Laufe ihres Lebens ein ansehnliches Vermögen zusammengetragen und sind bereit, in Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen zu investieren.

Fast jeder braucht eine Brille

Nach Angaben des französischen Brillenglas-Herstellers Essilor haben allein Lesehilfen ein Umsatzpotenzial von 85 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem sei nahezu jeder Mensch ein potenzieller Brillen-Kunde, wenn man Sonnenbrillen gegen UV-Strahlung mit dazurechnet.
Wer unter einer Fehlsichtigkeit leidet ,kann aber auch einen anderen Weg beschreiten und auf eine Laserbehandlung oder mikroinvasive OPs setzen, für die zum Beispiel das deutsche Unternehmen Carl Zeiss Meditec die Medizintechnik liefert. „Dieser chirurgische Markt ist etwa 8,5 Milliarden Euro groß und wächst jedes Jahr um fünf bis sieben Prozent“, sagt Branchenkenner Lofruthe.

Gut sehen und gut aussehen
Nicht nur Hörgeräte und Sehhilfen sind bei älteren Patientengefragt. Auch die Urologie ist ein Markt, der mit der demografischen Entwicklung wächst. Gleiches gilt für die kosmetische Dermatologie.

Gesundheit und Lifestyle

Nicht nur die Augen lassen mit zunehmendem Alter nach. Auch die Ohren werden oft schwächer. Bisher nutzt zwar nur etwa jeder dritte Betroffene ein Hörgerät. Das allerdings dürfte sich auf absehbare Zeit ändern. Neue Hörgeräte sind modernste Mikrocomputer, die sich drahtlos mit dem Smartphone verbinden und automatisch an Umgebungsgeräusche anpassen. Wie bei Brillen spielen Mode und Lifestyle auch hier eine immer wichtigere Rolle.

Dennoch ginge es deutlich zu weit, die kaufkräftigen Best Ager nur auf ihre körperlichen Beschwerden zu reduzieren oder als Patientengruppe, die sich schon auf dem Sprung in die Geriatrie befindet. Stattdessen finden Ärzte und die Gesundheitswirtschaft in Senioren eine anspruchsvolle, aber auch investitionsfreudige und gesundheitsbewusste Klientel vor, die dank ihrer längeren Lebenserwartung das Potenzial zum kaufkräftigen Stammpatienten hat.