Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisfinanzierung

Ärzte, die den Ausbau oder die Gründung oder Übernahme einer Praxis planen, haben in den meisten Fällen die Möglichkeit, für die geplante Investition öffentliche Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Sich vor einer Finanzierung sorgfältig zu informieren und beraten zu lassen lohnt sich, denn häufig sind Förderkredite bzw. Zuschüsse der beste Weg zur günstigsten Finanzierung. In den passenden Geldtopf zu greifen, ist allerdings nicht ganz einfach, denn europaweit gibt es derzeit mehr als 3.500 verschiedene Förderprogramme von Bund, Ländern und der EU. Vor Abschluss eines Vertrages sollte sich der Arzt deshalb sehr sorgfältig informieren und ggf. auch beraten lassen. Wir bieten Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Basics.

Welche Formen öffentlicher Fördermittel gibt es?

Fördermittel werden meist “für Unternehmer” zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass auch niedergelassene Ärzte sie nutzen können. Denn fast alle Förderprogramme sind auch für Freiberufler zugängig. Ein weit verbreiteter Irrtum ist übrigens, dass es Förderungen nur nur StartUps bzw. Existenzgründer gibt. Sie haben eine etablierte Praxis? Umso besser! Dann haben Sie nämlich gute Chancen, besonders günstige Konditionen zu bekommen. Ein Eigenkapitalpolster wirkt sich auch sehr günstig auf die Vergabe eines Fördermittelkredites aus.

Viele Ärzte assoziieren mit Förderung vor allem Zuschüsse, das ist aber nicht richtig. Prinzipiell gibt es vier verschiedene Hauptformen von Fördermitteln:

  • Zuschüsse
  • Darlehen bzw. Kredite
  • Beteiligungen
  • Bürgschaften

Ein Großteil der Fördermittel entfällt auf Kredite, bzw. Darlehen, insbesondere im investiven Bereich. Diese haben gegenüber dem Hausbankkredit klare Vorteile. Sie punkten mit niedrigen Zinssätzen, die bis zu 10 Jahren festgeschrieben sind, tilgungsfreien Anlaufjahren und hoher Planungssicherheit.

Eigenkapitalbasis erhöhen

Bei einigen Programmvarianten gibt es die Möglichkeit, die Eigenkapitalbasis zu erhöhen bzw. zu schonen, bei anderen eine teilweise Haftungsfreistellung der Bank gegenüber dem Staat, was nicht selten die Chance auf eine Kreditvergabe erhöht.

Zuschüsse werden landläufig als „geschenktes Geld“ bezeichnet, und das trifft auch zu, solange es sich um so genannte „nicht rückzahlbare Zuschüsse“ handelt. Zuschüsse fließen in der Regel dann, wenn im Prinzip die Finanzierung auf anderem Wege gesichert ist, sei es aus Eigenmitteln oder über eine, wie auch immer geartete, Finanzierung. In bestimmten Fällen kann aber auch die Bezuschussung die Finanzierung erst möglich machen. Es gibt Programme, die explizit vorschreiben, dass das Vorhaben mit dem Zuschuss erst möglich werden darf und die Finanzierung sonst nicht realisierbar wäre. Man muss sich jeden Einzelfall genau ansehen, und abwägen, welches Förderprogramm das passende ist. Schwerpunkte für Zuschuss-Programme liegen im innovativen, sowie in Umweltbereich, aber auch Beratungen können unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden. Die Regionalförderung arbeitet ebenfalls mit Zuschüssen.

Beteiligungen sind ein eigenes Kapitel für sich. Es gibt, neben den vielen Möglichkeiten privates Kapital von einem Investor aufzunehmen, auch die Form der staatlichen Beteiligung. Diese ist oft eine Form der stillen Beteiligung, die nach einer bestimmten Zeit, meist 10 Jahre, zurückgezahlt wird. In der Zwischenzeit werden Gewinnbeteiligungen fällig. Beteiligungen werden gerne bei Unternehmensneugründungen oder bei erheblichen Erweiterungen eingesetzt. Bei Beteiligungen muss man immer bedenken, dass man sich jemanden ins Haus holt, der mitreden will. Daher sollte man sorgfältig darauf bedacht sein, „Herr im eigenen Haus“ zu bleiben, und nur möglichst geringe Beteiligungen vereinbaren. Schließlich wollen es ja Sie sein, der die Geschäftspolitik bestimmt, und nicht der Investor.

Bürgschaften werden von den Bürgschaftsbanken der Länder zur Absicherung von Krediten zur Verfügung gestellt, sofern der Kreditnehmer nicht in der Lage ist, ein Darlehen selbst ausreichend zu besichern. Manche Förderprogramme der Länder, insbesondere für Gründer, enthalten bereits automatisch eine Bürgschaft.

Für welche Bereiche gibt es Förderungen?

Europaweit gibt es über 3.500 verschiedene Förderprogramme von Bund, Ländern und der EU. Die Bereiche, die gefördert werden, sind außerordentlich vielfältig: Existenzgründung und -festigung. Unternehmenswachstum, Unternehmensübernahme, Arbeit, Aus- und Weiterbildung, Energie und Umwelt, Forschung und Entwicklung, Messen und Ausstellungen, Infrastruktur und Regionalförderung, Außenwirtschaft und zu guter Letzt Beratung.

Für welche Investitionen gibt es Förderungen?

  • Betriebs- und Geschäftsausstattungen
  • Maschinen, Einrichtungen, Anlagen, Fahrzeuge,
  • Grundstücke und Gebäude
  • Energiespar- und Umweltmaßnahmen
  • Warenlager
  • Immaterielle Investitionen (z.B. Software)
  • Aus- und Weiterbildung
  • Betriebsmittel
  • Maßnahmen zur Markterschließung, Marketing, Werbung
  • Forschung und Entwicklung
  • Infrastruktur-Maßnahmen
  • Beratungsleistungen

Spezielle Angebote für Ärzte

Fördermittel für Praxisinhaber werden von dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen Union bereitgestellt. Da der Mangel an Ärzten, vor allem auf dem Land, immer stärker zunimmt, erweitern viele Bundesländer in Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Fördermittel. Bei der Neugründung oder Übernahme einer Praxis stellen Bund und Länder daher 25.000 bis 60.000 Euro, je nach Fördergebiet, zur Verfügung.

Zusätzlich werden auch Nebenbetriebsstätten oder Zweigpraxen von fast allen Bundesländern – ausgenommen Bremen, Hessen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen – gefördert. Die Höhe dieser Förderung reicht von Sachsen mit 6.000 Euro bis hin zu Baden-Württemberg mit bis zu 40.000 Euro. Niedersachsen und Rheinland-Pfalz befinden sich mit ihrer Unterstützung von 30.000 Euro beziehungsweise 20.000 Euro für eine Zweigpraxis und Nebenbetriebsstätte im guten Mittelfeld, dicht gefolgt von Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsenanhalt mit 15.000 Euro Zuschuss für eine Zweigpraxis. Brandenburg, Nordrhein und Westfalen-Lippe bezuschussen eine Zweigpraxis mit bis zu 10.000 Euro.

Fördermöglichkeiten bei Anstellung eines Arztes

Des Weiteren wird auch die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bundesweit von der KBV und den Krankenkassen gefördert. Erst im Juli 2016 wurde der monatliche Gehaltszuschuss für Ärzte in der Weiterbildung für das Fachgebiet Allgemeinmedizin von 3.500 Euro auf 4.800 Euro angehoben. Weitere Zuschüsse gibt es für unterversorgte Gebiete von zusätzlich bis zu 500 Euro. So können niedergelassene Ärzte ihren Assistenten eine vergleichbare Vergütung wie im Krankenhaus bieten.

Es werden neben der Allgemeinmedizin auch andere Fachbereiche gefördert. Hierzu gibt es aber keine einheitlichen Bestimmungen. Zudem wird es regional festgelegt, welche Fachgebiete unterstützt werden.

Auch die Anstellung von weiteren Ärzten wird beispielsweise in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz mit jeweils 1.000 Euro im Monat pro Angestelltem unterstützt. Baden-Württemberg gewährt darüber hinaus einen Fallwertzuschlag, dieser beinhaltet einen Zuschlag von zehn Euro pro Behandlungsfall. Zuschüsse für die Fortbildung nicht-ärztlicher Praxisassistenten, können ebenfalls in den meisten Regionen beantragt werden.

Fristen beachten

Zu beachten ist, dass das jeweilige Fördermittel immer vor Beginn des Vorhabens beantragt werden muss. Abhängig von dem jeweiligen Praxisstandort können für die einzelnen Förderprogramme auch Sonderkonditionen bei den Banken gelten. Deshalb ist es ratsam, eine persönliche Beratung bei der Hausbank in Anspruch zu nehmen, um so die passende Finanzierungsmöglichkeit zu finden. Denn die Hausbank hat auch die Möglichkeit, Refinanzierungen durch Förderbanken zu erhalten. So senkt die Hausbank ihr Risiko und kann zinsgünstige Kredite anbieten.  Vorab bieten einige Banken eine Einschätzung der Finanzierbarkeit an. Hierzu werden beispielsweise bei einer Praxisübernahme die Vergangenheitswerte wie Umsätze, Gewinne und Kosten mit einbezogen, um so die passende Finanzierung zu berechnen.

Weitere Informationen im Internet

Ausführliche Informationen zu den einzelnen Förder-und Weiterbildungsprogrammen, Voraussetzungen und Pflichten finden Sie auch auf der Internetseite www.lass-dich-nieder.de in der Rubrik Angebote unter dem Stichwort Fördermöglichkeiten. Details zu den verschiedenen Beratungsmöglichkeiten in Ihrer Nähe finden Sie in der gleichen Rubrik und unter dem Stichwort Beratungsmöglichkeiten.