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Versicherungen

Insgesamt stiegen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im Vergleich zum Vorjahr um 5,2 Prozent auf 251,9 Mrd. Euro. Die Einnahmen sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei niedrigeren Zusatzbeiträgen um 3,8 Prozent auf 250,4 Mrd. Euro gestiegen.

Zugleich lag der im Jahr 2019 von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz bei 1,0 Prozent und damit um 0,1 Prozentpunkte niedriger als im Jahr 2018. Auch nach dem Jahreswechsel 2019/2020 liegt der erhobene Zusatzbeitragssatz weiterhin stabil bei 1,0 Prozent, während das BMG den zur Deckung der laufenden Ausgaben erforderlichen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz auf 1,1 Prozent festgelegt hatte. Somit blieb für 95 Prozent der GKV-Mitglieder der bislang von ihrer Krankenkasse erhobene Zusatzbeitragssatz unverändert.

Laut Bundesministerium für Gesundheit eine absolut positive Entwicklung: Die gesetzlichen Krankenkassen hätten die Mehrausgaben getätigt, um ihre Rücklagen abzubauen, so die Erklärung. Damit beliefen sich ihre Finanzreserven Ende 2019 auf rund 19,8 Milliarden Euro. Dies entspricht im Durchschnitt noch immer knapp einer Monatsausgabe und damit etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.

Auch Bundesgesundheitsminster Jens Spahn freut sich über die Entwicklung: “Die aktuellen Zahlen zeigen in die richtige Richtung: Die Beitragszahler profitieren von niedrigeren Zusatzbeiträgen, weil Krankenkassen endlich ihre übermäßig hohen Finanzreserven abbauen. Und gleichzeitig kommen auch die notwendigen Leistungsverbesserungen bei den Versicherten an.”

Spitzenverband widerspricht Bundesgesundheitsministerium

Bei Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, ist von Begeisterung hingegen gar nichts zu spüren: „Erstmals seit 2015 haben die gesetzlichen Krankenkassen ein Haushaltsjahr mit einem Minus abgeschlossen. Das Defizit von 1,52 Milliarden Euro für 2019 ist besonders alarmierend, weil die derzeit noch brummende Konjunktur für Rekordeinnahmen gesorgt hat.”

Coronavirus –Herausforderung wird gemeinsam angegangen

„Wir müssen“, so Frau Pfeiffer weiter, „derzeit davon ausgehen, dass das Coronavirus auch das deutsche Gesundheitswesen vor große Herausforderungen stellt. Von den niedergelassenen Ärzten über Pflegekräfte, Praxispersonal, Pflegeinrichtungen und Klinikmitarbeiter bis hin zu den Krankenkassen und zur Bundesregierung ziehen alle an einem Strang, um die Versorgung der Menschen auch unter den Bedingungen einer sich entwickelnden Epidemie sicherzustellen. Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine starke Solidargemeinschaft mit über 73 Millionen Versicherten, die dafür einsteht, dass heute und in Zukunft alles medizinisch Notwendige geleistet werden kann.“

Steigende Ausgaben treffen auf kostspielige Gesetze

Verantwortlich für das im vergangenen Jahr entstandene Defizit seien die rasant steigenden Leistungsausgaben. Und diese Dynamik hat im Jahresverlauf sogar zugenommen: Lag der Ausgabenanstieg im ersten Halbjahr mit plus 4,8 Prozent bereits hoch, betrug er allein im zweiten Halbjahr 6,4 Prozent. Insgesamt betrug der Anstieg der Leistungsausgaben 5,6 Prozent, während die Einnahmen, die die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds und den Zusatzbeiträgen erhalten, nur um 3,8 Prozent stiegen.

Grund für den Ausgabenanstieg, der beispielsweise im Hilfsmittelbereich mit 6,6 Prozent überdurchschnittlich hoch ist, ist laut Spitzenverband einerseits der medizinische Fortschritt. Andererseits gab es gleichzeitig eine Gesetzgebung, die deutliche, von den Beitragszahlern zu schulternde Mehrausgaben nach sich zieht. So stiegen etwa die Ausgaben für Heilmittel um 15,1 Prozent. Allein durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz und das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz kommen auf die Krankenkassen in diesem Jahr rund fünf Milliarden Euro an Mehrausgaben zu.

Pfeiffer: “Viele der beschlossenen Gesetze führen zu dauerhaft höheren Ausgaben. Und wenn die Rücklagen erst einmal aufgebraucht sind, führt kein Weg an höheren Beiträgen vorbei.“