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Versicherungen

In etwa einem Drittel aller Haushalte in Deutschland gibt es sie: die Lebensversicherung. Was für breite Schichten der Bevölkerung gilt, hat auch für viele Mediziner eine große Bedeutung: Denn was in der Vergangenheit oft als exzellente Altersvorsorge verkauft wurde, erweist sich heute aufgrund sinkender Rückkaufswerte und fallender Garantiezinsen als Verlustgeschäft. Doch kürzlich hat sich der Bundesgerichtshof verbraucherfreundlich gezeigt und ermöglicht es Versicherten, noch einmal neu zu entscheiden: durch fehlerhafte Widerspruchsbelehrungen können viele Verträge noch heute widerrufen werden. Versicherte haben so den Anspruch, den Großteil Ihrer Beiträge und zusätzlich Zinsen zurückzufordern.

Worum geht es?

Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die zwischen 1994 und 2007 geschlossen wurden, kamen meist mit fehlerhaften Widerspruchsbelehrungen zustande. Ursachen hierfür waren beispielsweise Formfehler oder auch falsch gesetzte Widerspruchsfristen seitens der Versicherer – dies entschied letztlich der Bundesgerichtshof.

Ist der Vertrag fehlerhaft, hat die Widerspruchsfrist nie begonnen und der Versicherte hat die Möglichkeit, noch heute dem Zustandekommen des Vertrages zu widersprechen. So können ein Großteil der Beiträge, inklusive Abschluss- und Verwaltungskosten, zurückgefordert werden. Selbst bei gekündigten oder bereits ausbezahlten Verträgen.

Kündigen, verkaufen oder widerrufen?

Um sich von einer ungeliebten Lebensversicherung zu trennen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entscheidet sich der Versicherte für die Kündigung, erhält er nur den sogenannten Rückkaufswert. Dieser liegt oft unter den eingezahlten Beiträgen und bringt zumeist einen Verlust mit sich.

Eine bessere Alternative ist der Verkauf durch sogenannte Policen-Aufkäufer, welche den Vertrag übernehmen. Hier kann mehr als der Rückkaufswert verlangt werden, der ausbezahlte Vertrag liegt jedoch immer noch unter den gezahlten Beiträgen.

Eine weitere Alternative ist der Widerruf. Beim Widerruf besteht die Möglichkeit, mehr zurückzufordern als in den Vertrag einbezahlt wurde. Bei bereits ausbezahlten oder gekündigten Verträgen besteht sogar die Möglichkeit, nachträglich Zinsen sowie Abschluss- und Verwaltungskosten zurückzufordern.

Widerruf, doch wie?

Der Haken am Widerruf: Die Versicherer stellen sich quer. Das bedeutet, dass der Anspruch vor Gericht geltend gemacht werden muss. Dafür sind vorab folgende zwei Fragen zu beantworten:

Ist mein Vertrag überhaupt widerrufbar?

Sofern der Vertrag zwischen 1994 und 2007 geschlossen wurde, sollte die Widerrufsbelehrung auf Fehler geprüft werden. Für Nichtjuristen ist es jedoch nahezu unmöglich, sich in den Sachverhalt und die Urteile einzuarbeiten. Auch stehen die Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf als Einzelperson naturgemäß schlecht.

Wie hoch ist der Anspruch?

Wer seinen Vertrag widerruft, kann neben dem Rückkaufswert auch den Mehrwert einfordern. Vor Gericht muss jedoch in Form eines Gutachtens genau nachgewiesen werden, was die Versicherungsgesellschaft mit dem Geld des Kunden erwirtschaftet hat. Hierzu müssen die historischen Renditekennzahlen des Versicherers von 1994 bis heute herangezogen und ausgewertet werden, ebenso die Quoten der Abschluss- und Verwaltungskosten.

Fazit

Der Widerruf ist der lukrativste Weg, sich von seiner Lebensversicherung zu trennen. Gleichzeitig machen es einem die Versicherer nicht leicht. Und dennoch: Mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung und errechnetem Anspruch kann der Widerruf durchgesetzt werden. In jedem Fall ist zu empfehlen, sich hierfür professionelle Hilfe zu suchen.