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Medizin

Seit vielen Jahren beschäftigen sich Studien immer wieder mit der Wirkung von Meditation. Dabei zeigte sich bereits, dass sie positive Auswirkungen auf die Psyche hat und dass sich damit Stress verringern lässt. Deshalb wird regelmäßiges Meditieren bei vielen psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen empfohlen, wie zum Beispiel bei Depressionen, Angsterkrankungen oder chronischen Schmerzen.

Ein chinesisches Forscherteam um die Assistenzprofessorin Ting Xue des Shanghai Mental Health Centers an der Jiao Tong University School of Medicine hat sich mit den Langzeitauswirkungen regelmäßiger Meditationspraxis auf den Körper beschäftigt. Da Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten Todesursachen gehören, widmeten sich die Forscher der Frage, inwieweit langjährige Meditation einen kardiovaskulär schützenden Effekt hat.

Meditieren, um zur Ruhe zu kommen oder um Einsicht zu erlangen

In der tibetisch-buddhistischen Meditation werden zwei verschiedene Praktiken ausgeübt: Samatha und Vipassana. Bei Samatha geht es darum, den Geist zu beruhigen, indem man seine Aufmerksamkeit längere Zeit auf ein Objekt konzentriert, wie zum Beispiel ein Mantra, ein Bild von Buddha oder eine Kerzenflamme. Bei der Vipassana Meditation geht es um Einsicht. Erkennen, was gerade im Augenblick passiert. Bei uns meist besser bekannt als Achtsamkeitsmeditation.

An der Studie nahmen 78 Mönche aus dem tibetischen Hochland, mit durchschnittlich 19-jähriger Meditationspraxis teil. Sie gehörten drei unterschiedlichen Arten des tibetischen Buddhismus an, die auf unterschiedliche Arten meditierten. Täglich verbrachten die Teilnehmer mindestens eine Stunde mit ihrer Meditationspraxis, im Durchschnitt gute drei Stunden. Die Kontrollgruppe umfasste 47 nicht-meditierende Tibeter aus derselben Gegend, mit ähnlichem Alter, Geschlecht und Ernährungsgewohnheiten wie die Mönche.

Die Mönche verbrachten viel Zeit sitzend, waren fettleibig und hatten im Durchschnitt einen BMI von 30. Im Gegensatz dazu hatten die Kontrollpersonen wesentlich aktivere Berufe, sie waren zum Beispiel Hirten, und ihr BMI lag im Durchschnitt bei 27.

Bei allen Teilnehmern untersuchten die Wissenschaftler das Plasmaproteom (insgesamt 963 verschiedene Proteine), das ein entscheidender Vermittler kardiovaskulärer Prozesse ist, sowie Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, Apolipoprotein B und Lipoprotein a. Außerdem bestimmten sie bei einem Teil der Probanden Herzfrequenz via EKG und Blutdruck.

Adipös, wenig Bewegung, trotzdem kardiovaskulär gesünder

Die Ergebnisse zeigten, dass das Plasmaproteom durch die Meditation auf eine positive Weise reguliert wurde. Interessanterweise zeigten sich Unterschiede, je nachdem, auf welche der drei Arten die Mönche meditierten.

Ein Immunprotein, das zur Entstehung von atherosklerotischen Entzündungen beiträgt, war bei allen Mönchen erniedrigt. Bei einem Teil der Mönche waren Proteine erhöht, die für eine verbesserte Glykolyse sorgen, die Sauerstofffreisetzung aus dem Blut unterstützen oder den Lipidstoffwechsel günstig beeinflussen.

Obwohl die Mönche adipös waren und sich wenig bewegten, wiesen sie kardiovaskulär schützende Plasmabiomarker auf. Auch ihr Blutdruck und ihre Herzfrequenz waren mit dem der tibetischen Kontrollgruppe vergleichbar. „Die aktuellen Ergebnisse untermauern die wissenschaftliche Grundlage für diesen bedeutsamen Weg zur Stressreduzierung und kardiovaskulären Gesundheit und unterstreichen, wie wichtig die Herz-Hirn-Achse für eine lange und gesunde Lebensspanne ist“, schreiben die Autoren. Regelmäßige Meditation könnte speziell für Menschen, die im Berufsalltag großem Stress ausgesetzt sind, eine Möglichkeit sein, für ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit zu sorgen.