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Medizin

Samenspenden sind in Deutschland erlaubt, Eizellspenden hingegen verboten. Diese Ungleichbehandlung in der Reproduktionsmedizin hat weitreichende Folgen. So haben etwa Frauen, die nach einer Krebsbehandlung keine eigenen fruchtbaren Eizellen mehr haben, derzeit keine Möglichkeit, schwanger zu werden. Gleiches gilt für Frauen, die vorzeitig in die Wechseljahre kommen oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, Eizellen zu produzieren. Heterosexuelle Paare, bei denen die Samenzellen des Mannes nicht fruchtbar sind, können hingegen die Samenspende in Anspruch nehmen.

Für viele Medizinethiker ist diese Art der Diskriminierung nicht mehr zeitgemäß. Eine der zahlreichen Stimmen für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes ist Claudia Wiesemann, Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universitätsmedizin Göttingen.

Im Gesundheitsrechtsblog weist sie darauf hin, dass Frauen, die aus den oben beschriebenen Gründen keine eigenen Eizellen (mehr) produzieren, mit einer Eizellspende geholfen werden könne. Gegenüber einer Adoption habe das den Vorteil, dass der Partner der genetische Vater des Kindes sein könne. So habe zumindest ein Elternteil eine genetische Verbindung zum Kind.

Das Scheinproblem der gespaltenen Mutterschaft

Für den Gesetzgeber scheint das nicht vorstellbar zu sein. So zitiert Wiesemann aus dem Kommentar zum Embryonenschutzgesetz, wonach eine Eizellspende zu einer „gespaltenen Mutterschaft“ führe. Der Grund: Die genetische Mutter und die Mutter, die das Kind austrägt und auf die Welt bringt, fallen auseinander. Das wollte und will der Gesetzgeber verhindern – auch, um dem Kind Identitätsprobleme zu ersparen.

Zu Recht weist Wiesemann jedoch darauf hin, dass man zur Zeit, da das Gesetz erlassen wurde, kaum Erfahrungen in diesem Bereich hatte und Kinder, die per Samenspende gezeugt worden waren, vielfach nicht einmal über diesen Umstand informiert wurden.

Heute, da anerkannt ist, dass Kinder in jedem Fall ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung haben, ist es jedoch kaum zu vertreten, diese Ungleichbehandlung von Mann und Frau aufrechtzuerhalten. Es genügt eben nicht, dass der Vorgang der Eizellspende medizinisch aufwendiger ist als eine Samenspende. Zudem belegen inzwischen zahlreiche Studien, dass eine Eizellentnahme keine Langzeitprobleme für die Spenderinnen birgt.

Transparente Regeln im Sinne aller Beteiligten

Geradezu paradox sei die Situation, laut Wiesemann, mit Blick auf die zu befürchtende Ausbeutung der Spenderin. Sie bereitet vielen Paaren, die eine Eizellspende im Ausland in Anspruch nehmen, durchaus Sorge.

Bei einer Zulassung in Deutschland wäre es jedoch problemlos möglich, sowohl die medizinische Überwachung der Spende als auch die pekuniären Fragen transparent zu regeln und so die Interessen der Eizellspenderin adäquat zu berücksichtigen. Auch das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung ließe sich problemlos durchsetzen – man müsste nur die Regeln im Samenspenderregistergesetz um die Eizellspende erweitern.

Die Tatsache, dass die Ampel im Koalitionsvertrag festgehalten hat, dass sie die Legalisierung der Eizellspende in Deutschland prüfen wolle, ist laut Wiesemann daher zu begrüßen.