Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Wer als Vertrags(zahn)arzt arbeiten und abrechnen will, muss nicht nur eine Vielzahl juristischer Vorgaben beachten. Er sollte auch moralische Mindeststandards wahren. So lässt sich ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zusammenfassen, das sich mit einem sehr besonderen Sachverhalt beschäftigen muss.

Sechs Jahre lang filmte ein Zahnarzt aus Thüringen mit einer versteckt installierten Kamera seine Mitarbeiterinnen im Umkleideraum und unter der Dusche. Als die Sache ruchbar wurde, fanden Ermittler mehr als 3000 gespeicherte Videodateien. Vor der Polizei gaben die Zahnarzthelferinnen außerdem an, dass ihr Chef sie manchmal unter die Dusche brachte und sie mitsamt der Arbeitskleidung abbrauste. Der Zahnarzt bestritt eine sexuelle Motivation, räumte aber im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens ein, dass er ein „distanzarmes Verhältnis“ zu seinen Mitarbeiterinnen gehabt habe.

Dennoch war er der Meinung, dass ihm für sein Verhalten nicht die Zulassung entzogen werden könne. Zwar hatte Amtsgericht Gera den damals 52-jährigen wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen gemäß § 201a des Strafgesetzbuches (StGB) zunächst zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Nach seiner Berufung wurde der Strafprozess in zweiter Instanz allerdings eingestellt: Der Grund: Die betroffenen Mitarbeiterinnen hatten ihre Strafanträge gegen eine Zahlung des Arztes zurückgezogen.

Der Zahnarzt argumentierte daraufhin, dass wegen der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens auf dieses im Streit um seine Zulassung nicht mehr Bezug genommen werden dürfe. Die Kasseler Richter sahen das (ebenso wie die Vorinstanzen) anders und entschieden, dass ihm die vertragsärztliche Zulassung auch dann entzogen werden dürfe, wenn er wegen der Tat nicht rechtskräftig verurteilt wurde (Az. B 6 KA 4/18 R). Es gebe genügend Belege, dass der Mann „die Intimsphäre der Mitarbeiterinnen zum Objekt seiner Interessen gemacht hat”, urteilten die Kasseler Richter. Auch habe er seine zahnärztlichen Pflichten durch das heimliche Filmen über Jahre hinweg „gröblich verletzt“. Daher müssten die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten.

Einen Antrag auf Wiederzulassung kann der Zahnarzt in fünf Jahren stellen.