Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Auch das neue Jahr steht im Zeichen der Digitalisierung der Arztpraxen. Im Januar wird das elektronische Rezept (eRezept) verpflichtend – und die leise Hoffnung schwingt mit, dass es dieses Mal klappt. Im März startet der eArztbrief, im Herbst weitere TI-Anwendungen (Telematikinfrastruktur). Im Arbeitsrecht sind einige Gesetzentwürfe im Gesetzgebungsverfahren, unter anderem sollen die elektronische Zeiterfassung und der Vaterschaftsurlaub gesetzlich geregelt werden. Was sonst noch wichtig wird und auf welche Fristen Sie 2024 als Arzt oder Ärztin achten müssen, hat ARZT & WIRTSCHAFT für Sie zusammengestellt (Stand 1. Dezember 2023).

Digitalisierung: Pflicht zum elektronischen Rezept

Ab 1. Januar 2024 sind Vertragsärztinnen und Vertragsärzte verpflichtet, für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden, ein eRezept auszustellen. Für alle anderen Verordnungen wie Heil- und Hilfsmittel oder Digitale Gesundheitsanwendungen steht das eRezept noch nicht zur Verfügung. Auch BtM- und T-Rezepte sind bisher nur auf Papier möglich. Optional ist das eRezept für:

  • apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zulasten der GKV, etwa für Kinder (rosa Rezept)
  • verschreibungspflichtige Arzneimittel für gesetzlich versicherte Selbstzahler (blaues Privatrezept)
  • apothekenpflichtige Arzneimittel für gesetzlich versicherte Selbstzahler (grünes Rezept)
  • apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel zulasten der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen (rosa Rezept)

In bestimmten Fällen darf aber auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach dem 1. Januar 2024 weiterhin das Muster 16 verwendet werden, etwa wenn die Telematik- oder Internetverbindung nicht funktioniert, der elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) oder die Soft- oder Hardware defekt ist. Auch bei Hausbesuchen dürfen Ärztinnen und Ärzte weiterhin ein Papierrezept ausstellen.

Elektronischer Arztbrief bald verpflichtend

Ab dem 1. März 2024 wird der elektronische Arztbrief (eArztbrief) Pflicht. Ärztinnen und Ärzte müssen ab diesem Zeitpunkt nachweisen, dass sie ihn versenden können. Zum Versenden von eArztbriefen ist ein eHBA erforderlich. Er dient der Identifizierung. Der eArztbrief muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen und über den Kommunikationsdienst KIM (Kommunikation im Medizinwesen) versendet werden. Derzeit gibt es aber auf Bundesebene noch keine Einigung für die Vergütung des eArztbriefes seit dem 1. Juli 2023 als Nachfolge für die Pseudo-GOP 86900.

Kommunikation mit dem TI-Messenger

Ab 1. August 2024 soll der TI-Messenger (TIM) nutzbar sein. Er ist wie KIM ein Dienst, der der sicheren Kommunikation dient. Während über KIM sensible Informationen zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen wie Befunde, Abrechnungen oder Röntgenbilder ausgetauscht werden können, ist TIM ein Messaging-Dienst für die Kommunikation sowohl zwischen Leistungserbringern als auch zwischen Versicherten und Leistungserbringern sowie zwischen Versicherten und Krankenkassen. Ärzte sollen über TIM etwa Rückfragen auch an ihre Patienten stellen können. Die Anwendung ist – anders als KIM – freiwillig, es wird verschiedene Anbieter geben.

Elektronischer Medikationsplan und Patientenkurzakte über ePA-App

Ab dem 1. Oktober 2024 wird der elektronische Medikationsplan (eMP) schrittweise in eine eigenständige Anwendung innerhalb der Telematikinfrastruktur überführt. Die elektronischen Notfalldaten werden außerdem zu einer elektronischen Patientenkurzakte weiterentwickelt. Beide müssen dann nicht mehr wie bisher auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Versicherte sollen für einen Zugriff die ePA-App nutzen können. Ärztinnen und Ärzte sind ab dem 1. Oktober 2024 verpflichtet, die Daten der Versicherten, die im eMP und den elektronischen Notfalldaten auf der eGK gespeichert sind, auf Verlangen und mit Einwilligung der Patienten in der neuen Anwendung zu speichern und auf der eGK zu löschen. Entscheiden sich die Versicherten dafür, die Anwendungen zunächst weiterhin auf der eGK gespeichert zu lassen, bleiben diese mindestens bis zum 1. Januar 2025 und anschließend so lange auf der eGK gespeichert, bis sie ihre Gültigkeit verliert.

Arbeitsrecht: Mindestlohn und Entgeltgrenze für Minijobber steigen

Der gesetzliche Mindestlohn wird am 1. Januar 2024 angepasst und beträgt dann 12,41 Euro. Das entspricht einer Erhöhung von 3,4 Prozent. Dies gilt auch für Minijobber. Parallel dazu steigt die monatliche Entgeltgrenze für Minijobs von 520 Euro pro Monat auf 538 Euro pro Monat. 2025 soll der Mindestlohn erneut angehoben werden.

Zeiterfassung wird gesetzlich geregelt

Die Zeiterfassung soll 2024 gesetzlich geregelt werden. Ein Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium liegt bereits vor. Die Zeiterfassung ist seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 für alle Arbeitgeber Pflicht. Das bestätigte 2022 das Bundesarbeitsgericht. Laut Referentenentwurf ist geplant, dass die Arbeitszeit grundsätzlich elektronisch aufgezeichnet werden soll. Arbeitgeber mit bis zu zehn Angestellten sollen davon ausgenommen sein. Das bedeutet für viele kleine Arztpraxen, dass sie voraussichtlich nicht in ein Zeiterfassungssystem investieren müssen. Das Gesetz soll 2024 in Kraft treten.

Neuregelung für Kinderkrankengeld und dazu erforderliche Arztbesuche

Der Gesetzgeber hat nach Aufhebung der großzügigen Corona-Regelungen zum Kinderkrankengeld für 2024 und 2025 die Zahl der Tage erhöht, an denen Eltern Kinderkrankengeld beantragen können, und zwar auf 15 Arbeitstage pro Kind, Alleinerziehende sollen 30 Arbeitstage erhalten. Die Gesamtzahl der Anspruchstage steigt auf 25, für Alleinerziehende auf 70 Arbeitstage. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant zudem, dass Eltern nicht mehr am ersten Tag, an dem ihr Kind krank ist, zum Arzt gehen müssen, um das Kinderkrankengeld in Anspruch zu nehmen. Künftig soll der Arztbesuch erst ab dem vierten Krankheitstag nötig sein. Die Änderung solle „am besten noch in dieser Winter-Erkältungssaison“ gelten, sagte Lauterbach.

Familienstartzeit nach Geburt eines Kindes

Ab 2024 soll anlässlich der Geburt eines Kindes „Vaterschaftsurlaub“ gewährt werden. Das gilt auch für gleichgestellte Partner oder Partnerinnen der Mutter. Es soll sich hierbei nach dem Willen der Bundesfamilienministerin Lisa Pause (Grüne) um eine zehntägige bezahlte Freistellung (Familienstartzeit) direkt nach der Geburt eines Kindes handeln. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt bereits vor. Die Kosten sollen laut Gesetzentwurf nicht die Arbeitgeber tragen, sondern durch ein Umlageverfahren finanziert werden (U2-Umlage). Die Europäische Union (EU) hat bereits 2019 eine Richtlinie erlassen, nach der die EU-Mitgliedstaaten einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von zehn Arbeitstagen gesetzlich verankern sollen.

Praxis: Orientierungswert steigt

Die Finanzmittel für die ambulante Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten steigen zum 1. Januar 2024 um 3,85 Prozent, umgerechnet 1,6 Milliarden Euro. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hatte im September einstimmig eine Anhebung des Orientierungswertes beschlossen. Er beträgt dann 11,9339 Cent. Darin enthalten sind ein Ausgleich der steigenden Praxiskosten sowie ein Inflationsausgleich für Ärztinnen und Ärzte. Im Erweiterten Bewertungsausschuss einigte man sich zudem darauf, künftig die Tarifverträge des Praxispersonals zeitnäher zu berücksichtigen.

Ausgabenvolumen für Arzneimittel steigt

Die regionalen Ausgabenvolumina für Arzneimittel erhöhen sich auf Basis der bundesweiten Anpassungsfaktoren ab 2024 um 7,95 Prozent. Dies kann nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung rechnerisch zu Mehrausgaben von etwa 3,8 Milliarden Euro führen. Bei der vereinbarten Steigerungsrate handele es sich aber nicht um eine feste Größe. Weitere Anpassungsfaktoren wie Alter und Anzahl der Versicherten würden regional zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen verhandelt und können regional zu unterschiedlichen Beträgen führen. Verantwortlich für diese Steigerung sind vor allem gesetzgeberische Maßnahmen, die höhere Arzneimittelausgaben zur Folge haben.

Neuer Mutterpass kommt

Ab Januar 2024 wird es einen neuen Mutterpass geben. Dieser wird wegen einiger Änderungen der Mutterschafts-Richtlinie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss erforderlich. Hier geht es vor allem um eine Vereinheitlichung von Begriffen (zum Beispiel Geburt statt Entbindung). Ebenfalls angepasst wurden die Versicherteninformationen. Arztpraxen können den Mutterpass und die Versicherteninformationen wie bisher über ihre Kassenärztliche Vereinigung beziehen. Pässe, die Schwangeren bereits ausgestellt wurden, können weiterhin verwendet werden.

Steuern und Finanzen: Degressive Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter

Mit dem Wachstumschancengesetz soll die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter befristet bis Ende 2024 wieder eingeführt werden. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden in der Regel gleichmäßig verteilt über die betriebsgewöhnliche Nutzung abgeschrieben (lineare Abschreibung). Die degressive Abschreibung soll wahlweise nun wieder möglich sein für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Januar 2025 angeschafft oder hergestellt wurden oder werden. Die Zustimmung des Bundesrats stand zum Redaktionsschluss noch aus.

Gebäudeenergiegesetz: So sieht der Fahrplan aus

Ab dem 1.1.2024 dürfen nur noch Heizungen mit einem hohen Verbrauchsanteil erneuerbarer Energien in bestimmte Häuser eingebaut werden. Konkret gilt: Bereits vor 2024 eingebaute, funktionierende Heizungen müssen nicht ausgetauscht und dürfen bis zum Totalausfall beziehungsweise 2045 weiterbetrieben und repariert werden (s. auch A&W 11/2023, S. 106 - 107). Ab 2024 neu eingebaute Heizungen in neu errichteten Gebäuden in Neubaugebieten müssen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In Bestandsgebäuden und bei Neubauten, die Baulücken füllen, soll zunächst eine verpflichtende Wärmeplanung vorliegen. In Kommunen ab 100.000 Einwohnern soll diese bis Juli 2026 erstellt werden, in kleineren Städten und Gemeinden bis Juli 2028.

Beim Kauf einer klimafreundlichen Heizung sollen bis zu 70 Prozent der Investitionen oder maximal 21.000 Euro durch eine Förderung übernommen werden können. Künftig soll es unabhängig von der Heizform eine Grundförderung von 30 Prozent für den Tausch einer alten, fossilen gegen eine neue, klimafreundliche Heizung geben. Das Gesetz hält für Immobilieneigentümer aber noch weitere Verpflichtungen bereit. Wer saniert oder neu baut, muss für eine bessere Isolierung von Rohren und Leitungen sorgen. So sind etwa freiliegende Rohre nicht mehr erlaubt.

E-Auto-Förderung sinkt

Vom 1. Januar 2024 an beträgt der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge mit einem Nettolistenpreis von bis zu 45.000 € nur noch 3.000 €. Fahrzeuge mit höherem Preis erhalten ab diesem Zeitpunkt keine Förderung mehr. Der Kreis der Antragsberechtigten ist auf Privatpersonen beschränkt (s. auch A&W 03/2023, S. 92). Maßgeblich für die Förderung bleibt das Datum des Förderantrags, der eine Fahrzeugzulassung voraussetzt. Der Fördertopf soll auf 810 Millionen Euro gekürzt werden.

Gesellschaftsrecht: OHG, KG und GmbH & Co. KG bald auch für Ärzte?

Am 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Es hält interessante Neuerungen für Ärztinnen und Ärzte in Gemeinschaftspraxen, die meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert sind, sowie Medizinische Versorgungszentren bereit. Gesellschaften bürgerlichen Rechts können sich künftig in ein Gesellschaftsregister eintragen lassen. Wichtig wird das dann, wenn die Gesellschaft Grundstücke oder Anteile an einer anderen GmbH hält. Das MoPeG öffnet zudem die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) und damit auch die GmbH & Co. KG für die freien Berufe. Bislang waren diese Gesellschaftsformen nur Kaufleuten vorbehalten. Ärzte könnten damit eine weitreichende Haftungsreduzierung der Gesellschafter erreichen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur dann, wenn das jeweilige Berufsrecht dies zulässt. Die Führung einer Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts setzt voraus, dass die Kammern in der Berufsordnung Anforderungen festgelegt haben, die gewährleisten, dass die heilkundliche Tätigkeit eigenverantwortlich, unabhängig und nicht gewerblich ausgeübt wird. Derzeit fehlt es noch an einer berufsrechtlichen Umsetzung.