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Recht

Mit Beginn des Herbstes werden auch die Warnungen vor neuen Varianten des Corona-Virus wieder lauter. Zeitgleich müssen sich immer mehr Gerichte mit (behaupteten) Impfschäden befassen. Eine aus ärztlicher Sicht wichtige Entscheidung hat in diesem Zusammenhang nun das Landgericht Dortmund gesprochen (Az. 4 O 163/22): Danach können niedergelassene Ärzte, die während der Pandemie Corona-Schutzimpfungen verabreicht haben, nicht für etwaige Impfschäden haftbar gemacht werden. Das Argument: Weil sie in dieser Funktion nicht privatrechtlich agierten, sondern hoheitliche Aufgaben ausführten, seien sie vielmehr mit Beamten gleichzustellen. Etwaige Haftungsansprüche müssen Patienten daher gegen das jeweilige Bundesland richten.

Im konkreten Fall ging es um einen heute 34 Jahre alten Mann, der sich kurz vor Weihnachten 2021 bei einem niedergelassenen Arzt mit dem Impfstoff von Moderna hatte boostern lassen. Seine erste Vakzination hatte er mit AstraZeneca erhalten, beim zweiten Termin wurde er mit Biontech/Pfizer geimpft.

Gleich drei Vorwürfe auf einmal

Kurze Zeit darauf klagte er über Herzbeschwerden und stellte sich im Krankenhaus vor. Die Ärzte diagnostizierten unter anderem eine starke Einschränkung der Auswurfleistung seiner linken Herzkammer, die der Patient auf die Impfung und angebliche Hygienemängel bei deren Verabreichung zurückführte. Zugleich rügte er, seine Impfärztin habe ihn über die Risiken des Moderna-Impfstoffes nicht ausreichend aufgeklärt. Hätte er gewusst, dass solche Impfschäden bei ihm eintreten könnten, hätte er der Impfung niemals zugestimmt.

Weiter führt der Mann aus, dass seine kognitiven Fähigkeiten seit der Impfung erheblich eingeschränkt seien. Auch könne er seine Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr ausüben. Aufgrund der körperlichen Beschwerden leide er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie unter Zukunftsängsten. Wegen seiner finanziellen Unsicherheit habe er überdies jegliche Lebensfreude verloren. Spazierengehen, Wandern und Sporttreiben seien ihm auch nicht mehr möglich. Es stehe zu befürchten, dass in der Zukunft eine Herztransplantation erforderlich sein werde.

Vor diesem Hintergrund fordert er ein Schmerzensgeld von mindestens 400.000 Euro und Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten von mehr als 10.000 Euro.

Der Impfarzt als Staatsdiener

Vor dem Landgericht Dortmund hatte er mit seinem Vorbringen keinen Erfolg. Das Gericht ging noch nicht einmal auf die Frage ein, ob es bei der Impfung Aufklärungs- und/oder Hygienemängel gegeben habe.  Da die beklagte Ärztin eine hoheitliche Aufgabe wahrgenommen habe, als sie dem Kläger die Corona-Schutzimpfung verabreichte, greife zu Gunsten das Haftungsprivileg des Art. 34 GG§ 839 BGB.

Danach gilt: Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.

Deshalb wies das Landgericht Dortmund die Klage als unbegründet ab.

Gleiches Ergebnis, andere Argumentation

Ob der Fall damit bereits abgeschlossen ist, bleibt allerdings abzuwarten, da das Urteil noch nicht rechtskräftig und die Anwendung des Haftungsprivilegs für Impfärzte juristisches Neuland ist.

So hatte etwa das Landgericht Ravensburg bei einer Entscheidung über einen ähnlich gelagerten Sachverhalt das Haftungsprivileg noch außer Acht gelassen und die Klage des Patienten allein auf Basis regulärer Haftungsgrundsätze als unbegründet abgewiesen (Az. 3 O 1/23).