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Recht

Planungsbereich und Einzugsbereich – gibt es da einen Unterschied? Ja, und der kann sogar entscheidend sein. Das machte das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg im Falle einer Internistin mit der Spezialisierung Hämatologie/Onkologie deutlich, die einen halben Versorgungsauftrag hatte und im Wege der Sonderbedarfszulassung auf einen vollen Versorgungsauftrag aufstocken wollte.

Die Ärztin praktiziert in Berlin im Verwaltungsbezirk Marzahn-Hellersdorf. Sie beantragte die Aufstockung ihrer vertragsärztlichen Zulassung auf einen vollen Versorgungsauftrag im Wege der Sonderbedarfszulassung und gab dabei an, dass in ihrem Bezirk auf einen niedergelassenen Hämato-Onkologen über 112.000 Einwohner kommen – im Vergleich zu den anderen Bezirken eine relativ hohe Zahl. Der Zulassungsausschuss befragte verschiedene Stellen nach der Versorgungssituation. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin bejahte einen Sonderbedarf ebenso wie der Verein der niedergelassenen internistischen Onkologen Berlin e. V. Dennoch lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab.

In Berlin gebe es genügend Internisten. Der Planungsbereich Berlin sei überversorgt, ebenso der Stadtteil. Auch Hämato-Onkologen gebe es in Berlin genügend, ungefähr 50 bis 70. Die Stellungnahmen der Onkologiekommission der Kassenärztlichen Vereinigung sowie des Vereins der niedergelassenen internistischen Onkologen Berlin berücksichtigte der Ausschuss nicht, da diese interessengeleitet seien.

Gericht kritisiert Ablehnung

Das LSG entschied nun, dass die Zulassungsgremien nach den Vorgaben des Gerichts neu über den Antrag der Internistin entscheiden müssen (19.02.2025, Az. L 7 KA 36/23). Laut Bedarfsplanungsrichtlinie darf der Zulassungsausschuss, auch wenn Zulassungsbeschränkungen bestehen, dem Antrag eines Arztes auf Sonderbedarf stattgeben, wenn der zusätzliche Vertragsarztsitz unerlässlich ist, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei ein zusätzlicher lokaler oder qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf gedeckt wird. Der Zulassungsausschuss hat dabei eine umfassende Ermittlungspflicht.

Dieser Ermittlungspflicht sei der Ausschuss hier „nicht im Ansatz“ nachgekommen, heißt es in dem Urteil. Weder habe er eine Region abgegrenzt, die vom Ort der Niederlassung aus versorgt werden soll, noch habe er die vorhandene Versorgungslage tragfähig ermittelt. Das Gericht machte dabei deutlich, dass es hier nicht auf den gesamten Planungsbereich Berlin, sondern auf den konkreten Einzugsbereich der Praxis ankomme. Eine hämato-onkologische Versorgung muss für Patienten, die akut an Krebs erkrankt sind, mit einem zumutbaren Anfahrtsweg erreichbar sein. Danach hätte der Einzugsbereich bestimmt werden müssen. Anschließend hätte konkret ermittelt werden müssen, wie die Versorgungslage in dem Bereich ausgestaltet ist. Auf die Versorgungslage mit Internisten allgemein komme es dabei nicht an, sondern auf Internisten, die zugleich Hämatologen und Onkologen sind und an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen.

Eine Ohrfeige gab es auch für die Bewertung der Stellungnahme der Onkologiekommission und des Vereins der niedergelassenen internistischen Onkologen Berlin e. V. Dem Verein wurde pauschal unterstellt, interessengeleitet zu agieren. Dem trat das LSG entschieden entgegen. Und auch die Onkologiekommission sei keine Lobbyvertretung der Onkologen und Hämatologen, ihre Mitglieder werden vom Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung berufen.

Lokaler Sonderbedarf

Ein lokaler Sonderbedarf ist dann gegeben, wenn die in einem abgrenzbaren Gebiet niedergelassenen Ärzte nicht ausreichen, um die Bewohner zu versorgen. Dabei ist nicht auf die Anzahl der Ärzte, sondern die ihnen zugewiesenen Zulassungen abzustellen. In der Regel gilt eine Wegezeit von bis zu 45 Minuten als zumutbar.