Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Dass es in Deutschland neue Versorgungsformen benötigt, darüber dürften sich Ärzte, Patienten und Politiker weitgehend einig sein. Auch besteht ein gewisser Konsens, dass eine bessere Verzahnung des ambulanten und des stationären Sektors wünschenswert wäre.

Die im Rahmen der Krankenhausreform geplante Ambulantisierung von Leistungen sieht das Gros der niedergelassenen Ärzte aber ausgesprochen skeptisch. Das belegt eine aktuelle Studie der Stiftung Gesundheit.

Immense Auswirkungen der Krankenhausreform auf Arztpraxen

Fast 80 Prozent der Hausärzte und rund drei Viertel der Fachärzte sehen mögliche Auswirkungen auf ihre Praxen. Zudem geben lediglich 15,9 Prozent der Befragten an, die Ambulantisierung als Chance zu sehen. 45,7 Prozent bewerteten die Reformpläne eher als Risiko.

Am größten ist die Furcht vor einer Überlastung der Niedergelassenen. 83,3 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass es dazu kommen wird. Mehr als zwei Drittel der Bedenkenträger haben zudem die Sorge, dass Patienten unter den Plänen leiden könnten, da die Nachbeobachtungszeit in den Kliniken verkürzt wird (67,1 Prozent). Weit verbreitet ist auch die Sorge, dass die Qualität der Ausbildung im Krankenhaus abnehmen könnte, da viele Standardfälle dort nicht mehr versorgt werden (57,1 Prozent).

Immerhin: Unter den Ärztinnen und Ärzten, die die Ambulantisierung als Chance bzw. als Risiko und Chance zugleich begreifen, erhoffen sich 76,4 Prozent eine Vermeidung von Krankenhausaufenthalten und 48,6 Prozent eine Entlastung für die Kliniken sowie Einsparungen im Gesundheitswesen.

Der Handlungsbedarf bei Reformen im Gesundheitssektor ist groß

Wenn offensichtlich die aktuelle Reform nicht die gewünschten Erfolge bringen kann – welche Alternativen wären dann denkbar? Dieser Frage geht eine weitere Studie im Auftrag der Rhön Stiftung nach.

Auch sie belegt, dass in Deutschland ein erheblicher Nachholbedarf bei der Ambulantisierung von stationären Krankenhausbehandlungen besteht und beklagt systemische Fehlanreize in den Vergütungsstrukturen. Nach der Bestandsaufnahme in zwei Beispielkrankenhäusern ‒ einem Grund- und Regelversorger in Bayern mit 130 Betten und einem Maximalversorger mit 1.000 Betten in Hessen ‒ identifizieren die Autoren aber sechs konkrete Bereiche, in denen Handlungsbedarf besteht.

Was dringend verändert werden muss

So fordern die Experten nicht nur die Einführung eines Ambulanzcontrollings und -reportings. Es gelte auch, ein strategisch orientiertes ambulantes Portfolio zu entwickeln. Flankiert werden müsse dieser Prozess durch Investitionen in passende Raum- und Funktionskonzepte, verbessertes Personalkonzepte, ein professionelles Prozessmanagement und die konsequente Nutzung digitaler Services. Beispiele hierfür seien etwa Plattformen zum Datenaustausch zwischen Kliniken und niedergelassenen Vertragsärzten oder die digitale Anbindung von Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten im Rahmen telemedizinischer Netzwerke.