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Corona-News

Die Debatten um die Impfung von Kindern und Jugendlichen brannten (nicht nur in Fachkreisen), seitdem die STIKO am 10. Juni 2021 eine COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren nur eingeschränkt empfohlen hatte: nämlich bei Vorerkrankungen mit erhöhtem Risiko für schwere Verläufe, zum Schutz vulnerabler Personen ohne ausreichenden Immunschutz im persönlichen Umfeld der Minderjährigen sowie bei eigener beruflicher Exposition gegenüber SARS-CoV-2. Bis das laufende Stellungnahmeverfahren abgeschlossen ist, sind wie bisher Impfungen in dieser Altersgruppe nach individueller Aufklärung und Nutzen-Risiko-Abwägung möglich, wie ARZT & WIRTSCHAFT berichtete (Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche | arzt-wirtschaft.de)

Bisherige Gründe für die Zurückhaltung der STIKO

Die Empfehlung vom Juni gründet darauf, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland nur selten schwer an COVID-19 erkranken und wegen der begrenzten Evidenz aus validierten Studien das Risiko seltener Nebenwirkungen noch nicht zuverlässig beurteilt werden konnte. Zudem lagen Berichte über Herzmuskelentzündungen im zeitlichen Zusammenhang mit mRNA-Impfungen vor, insbesondere bei Jungen und jungen Männern vor. Und man ging aufgrund von Modellierungen davon aus, dass eine Impfung in dieser Altersgruppe den weiteren Pandemieverlauf in Deutschland wenig verändern würde.

Neue Daten ändern das Bild

Anhand aktueller Überwachungsdaten lassen sich potenzielle Risiken zuverlässiger beurteilen. Sie stammen vorwiegend aus dem amerikanische Impfprogramm mit nahezu zehn Millionen geimpften Kindern und Jugendlichen. Danach sind die sehr selten registrierten Herzmuskelentzündungen bei bevorzugt jungen Männern als Impfnebenwirkungen zu werten. Die meisten Betroffenen wurden stationär aufgenommen, hatten aber unter angemessener medizinischer Versorgung einen unkomplizierten Verlauf. Im Übrigen treten Herzbeteiligungen vermutlich auch infolge von COVID-19-Erkrankungen auf.

Bislang stellte die STIKO außerdem keine Signale für weitere schwere Nebenwirkungen nach mRNA-Impfung fest, auch nicht bei Kindern und Jugendlichen. Jedoch lassen aktuelle mathematische Modellierungen annehmen, dass die dominierende Delta-Variante für Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion in einer etwaigen vierten Infektionswelle mitbringt.

Long-COVID bei Kindern

In ihrer Pressemeldung teilt die STIKO mit, das bisher unsicher bleibe, ob und wie häufig Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen auftritt.
Insgesamt geht die Kommission davon aus: Die Vorteile der Impfung überwiegen gegenüber dem Risiko sehr seltener Impfnebenwirkungen nach aktuellem Wissensstand. Die STIKO empfiehlt nun also eine allgemeine COVID-19-Impfung für 12- bis 17-Jährige. Die Impfung solle vornehmlich die geimpften Kinder und Jugendlichen selbst vor COVID-19 schützen sowie vor der erkrankungsbedingten psychosozialen Belastung. Die ärztliche Aufklärung zu Nutzen und Risiko solle nach wie vor erfolgen.

STIKO: keine Voraussetzung für soziale Teilhabe!

Die STIKO spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass die Impfung für junge Menschen zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird.
Diese Meldung beruht auf dem Beschlussentwurf mit dazugehöriger wissenschaftlicher Begründung der STIKO. Er ist am 16. August 2021 das vorgeschriebene Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und den beteiligten Fachkreisen gegangen. Nachfolgend könnten deshalb noch Änderungen erarbeitet werden. ARZT & WIRTSCHAFT wird hierzu berichteh und die endgültige Empfehlung der STIKO erscheint zeitnah im Epidemiologischen Bulletin.

Quelle:
RKI – Empfehlungen der STIKO – Mitteilung der STIKO zur Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche (16.8.2021)