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Corona-News

Der Ausbruch von COVID-19 ist die schwerwiegendste Pandemie seit der Spanischen Grippe 1918. Zu Ausbrüchen von neuen und alten Infektionserregern kommt es allerdings immer wieder. Das haben das Zika-Virus 2016, die Schweinegrippe 2009 (H1N1/09 Virus) und die  SARS-Epidemie zwischen 2002 und 2004 bereits gezeigt. Vor allem bei letzterer wurde deutlich, dass Beschäftigte des Gesundheitswesens unter einem substanziellen Risiko stehen, während der Pandemie psychische Probleme zu entwickeln.

Erste Studien in China bestätigen Probleme

Aktuelle Studien aus China belegen, dass Pflegepersonal während der Covid-19-Pandemie in hohem Maße von psychischer Belastung, Depression, Angst, Schlaflosigkeit und Stress betroffen ist. Erkenntnisse über die Auswirkungen bei allen Beschäftigten im Gesundheitssektor mit Unterscheidung der Berufsgruppen und der medizinischen Disziplinen gibt es jedoch bislang nur wenige.

Die erste deutsche Studie dazu wurde an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg und der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt, die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience veröffentlicht. Beteiligt waren der Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie unter Prof. Dr. Alkomiet Hasan und der Lehrstuhl für Medizinische Psychologie und Soziologie von Prof. Dr. Miriam Kunz.

Erste Studie aus Deutschland bestätigt psychosozialen Stress

Im Rahmen der Studie wurden im Zeitraum vom 15. April bis 1. Mai 2020 in ganz Deutschland 3.669 Beschäftigte im Gesundheitswesen, darunter Angehörige der Ärzteschaft, der Pflege und des sonstigen Krankenhauspersonals, zu ihrer subjektiven Belastung und Stress angesichts der Pandemie mittels einer Online-Befragung anonym untersucht. Ebenso erfragt wurde die Wahrnehmung der Informationspolitik und die Zustimmung zu den von Staat und jeweiligem Krankenhaus ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen.

Am höchsten waren subjektive Belastung und Stress beim Personal auf COVID-19-Stationen sowie beim Pflegepersonal, das sich im Vergleich mit der Ärzteschaft auch kritischer gegenüber der Informationssituation und der Eindämmungsmaßnahmen äußerte. Gründe für den erhöhten psychosozialen Stress in der Pflege könnten sein, dass Pflegerinnen und Pfleger mehr Zeit in direktem Kontakt mit Patienten und deren Angehörigen verbringen und dadurch vermehrt deren Sorgen und Ängsten ausgesetzt sind, aber auch dem Virus selbst.

Die Ergebnisse zeigten weiterhin, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen gemäß Selbstauskunft im Vergleich zur Gesamtbevölkerung mit einem deutlich höheren Ansteckungsrisiko mit COVID-19 ausgesetzt waren, insbesondere bei einem Arbeitseinsatz auf Stationen mit hohem Aufkommen von COVID-19-Patienten und -Patientinnen.

„Insbesondere für Pflegende und für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in COVID-19-Risikobereichen sollte es niederschwellige Angebote zum Erkennen von beginnenden Stress-assoziierten Erkrankungen und dem Erhalt der psychischen Gesundheit geben,“ sagt Studienautor Alkomiet Hasan.

Zufriedenheit mit den Eindämmungsmaßnahmen

Alle Befragten äußerten die Belastung durch subjektiven mentalen Stress, Sorgen um die persönliche Zukunft und die Gesundheit von Familienangehörigen sowie Angst, sich mit dem Virus anzustecken und es an Familie und Freunde zu übertragen.

Insgesamt zeigen die Beschäftigten im deutschen Gesundheitswesen jedoch hohe Zustimmungsraten zu den von Krankenhäusern und Staat ergriffenen Maßnahmen und werteten sowohl das Maß an Unterstützung und Schutz als auch die Qualität der Versorgung von Patienten mit und ohne Covid-19-Infektion positiv.

Auch die Fragen nach der Verfügbarkeit von persönlicher Schutzausrüstung wurden überwiegend positiv beantwortet. Die Befragten gaben nur selten die Antwort, sich von ihrem Arbeitgeber sehr im Stich gelassen zu fühlen und zeigten sich in der Mehrzahl willig, nach der Pandemie weiter im Gesundheitswesen arbeiten zu wollen.