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Corona-News

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben untersucht*, ob sich Ernährungsverhalten und Körpergewicht von Erwachsenen in der Pandemie verändert haben. Es wurde auch der Frage nachgegangen, wie das Ernährungsverhalten mit dem seelischen Zustand zusammen hängt.

„Veränderung in eine aus gesundheitlicher Perspektive unvorteilhafte Richtung“

Die Mehrheit der Befragten, rund zwei Drittel, gab an, dass sich ihr Ernährungsverhalten seit Beginn der Pandemie nicht grundlegend verändert habe. Bei Menschen, die sich durch die Corona-Situation belastet gefühlt haben (42 %), war eine negative Veränderung häufiger zu beobachten. „Die Veränderung geht in eine aus gesundheitlicher Perspektive unvorteilhafte Richtung“, sagt Professor Dr. med. Hans Hauner, Ernährungsmediziner an der TUM und Leiter des EKFZ.

35 Prozent aller Befragten geben an, dass sie im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Pandemie zugenommen haben – im Durchschnitt 6,5 Kilogramm. Besonders häufig betraf das die Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen und formal höher Gebildeten sowie die Befragten, die sich im vergangenen Jahr durch die Pandemie seelisch belastet gefühlt haben.

Ein knappes Drittel der Befragten gibt an, mehr und häufiger zu essen. Dabei handelt sich dann meist um Lebensmittel wie Süßwaren, süße Backwaren, Knabberartikel oder Fastfood. Diese ungünstige Speisenwahl war bei den Erwachsenen, die sich psychisch belastet fühlten, auffällig häufiger als bei den Personen ohne Stressbelastung. Die psychische Belastung geht zwar mit einer Änderung des Essverhaltens einher, allerdings ernähren sich der Umfrage zufolge auch 20 Prozent der seelisch belasteten Befragten gesünder als vorher.

15 Prozent der Befragten haben an Gewicht verloren

15 Prozent der Befragten haben ihr Gewicht reduziert – im Mittel um 7,9 Kilogramm. „Das deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien“, erklärt Professor Dr. med. Martina de Zwaan, Leiterin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover. „Dies kann auf eine gesündere Lebensweise hindeuten: Das Leben war weniger hektisch, die Menschen hatten mehr Zeit, selbst zu kochen und sich mit gesunder Ernährung zu beschäftigen.“

Auffällig ist, dass ein hoher Anteil der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren (19 Prozent) und der Teilnehmenden mit einem Body-Mass-Index von weniger als 20 (18 Prozent) abgenommen haben. „Es gibt auch Studien, die deutlich zeigen, dass während der Pandemie Essstörungen zugenommen haben“, sagt de Zwaan.

Dies wird auf die geringere Möglichkeit, Sport zu treiben, den Verlust von gewohnten und haltgebenden Strukturen, die soziale Isolation, eine generelle Unsicherheit, eine Zunahme von Depressivität und psychischer Belastung, aber auch einen möglicherweise vermehrten Konsum sozialer Medien und damit häufigere Konfrontation mit Schlankheitsidealen und Gewichtsstigmata zurückgeführt.

*Das Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ) der TUM hat gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa 1000 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen zwischen 18 und 70 Jahren in Deutschland repräsentativ befragt.