Deutsche befürworten Digitalisierung im Gesundheitswesen
Constanze PolenzE-Rezept, elektronische Patientenakte und elektronische AU sind für die meisten Deutschen keine Fremdwörter mehr. Und die Mehrzahl von ihnen sieht eine große Chance im Einsatz von KI in Praxis und Klinik.
Der Digitalverband Bitkom hat 1238 Personen in Deutschland ab 16 Jahren telefonisch zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen befragt. Das Resümee von Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst fiel äußerst positiv aus.
Grundsätzlich für die Digitalisierung
Eine große Mehrheit der Befragten steht der digitalen Transformation des deutschen Gesundheitswesens positiv gegenüber und sieht darin vor allem Vorteile. 83 Prozent halten die Digitalisierung in diesem Bereich für generell richtig. 74 Prozent glauben, dass durch die Digitalisierung das marode Gesundheitssystem gestärkt würde. Sieben von zehn finden, dass die Digitalisierung zu langsam voranschreitet und Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern hinterherhinke. Acht von zehn glauben, dass durch Digitalisierung schonendere und präzisere Operationen möglich seien. Sieben von zehn gehen von einer Entlastung des medizinischen Personals aus.
Den meisten Menschen sind die bereits eingeführten oder geplanten digitalen Innovationen, wie E-Rezept, elektronische Patientenakte ePA, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eAU und Video-Sprechstunde ein Begriff. Von Gesundheits-Apps auf Rezept und dem elektronischen Medikationsplan eMP haben weniger gehört.
Die Mehrheit will das E-Rezept
Fast allen, nämlich 97 Prozent, ist das E-Rezept bekannt, dessen flächendeckender Rollout in diesem Sommer begonnen hat. 72 Prozent wollen das E-Rezept digital einlösen, entweder direkt per App oder durch Einstecken der Gesundheitskarte vor Ort in der Apotheke. Nur 24 Prozent wollen auch weiterhin lieber ein Papierrezept nutzen. Acht von zehn Befragten finden, dass die Einführung des E-Rezepts zu langsam geht und fast die Hälfte wünscht sich mehr Informationen dazu.
Zu wenig über ePA informiert
Auch von der elektronischen Patientenakte ePA haben fast alle, nämlich 95 Prozent, schon gehört. Zu diesem Thema gibt es allerdings ein großes Informationsbedürfnis – und damit verbunden – Ängste in der Bevölkerung. Fast dreiviertel der Befragten möchte besser über die ePA informiert werden. 59 Prozent sorgen sich um die Sicherheit ihrer Daten in der ePA. Dennoch stehen über die Hälfte, 60 Prozent, der Nutzung der ePA positiv gegenüber. Und sogar 65 Prozent finden die Einführung in Deutschland überfällig. Geplant ist, dass ab 2025 alle Bundesbürger die ePA erhalten, außer sie widersprechen aktiv. „Die elektronische Patientenakte ist das Kernstück der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Mit ihr werden die Menschen informierter, souveräner und können sich besser um ihre eigene Gesundheit kümmern“, so Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.
Video-Sprechstunden sind beliebt
Jeder Fünfte hat schon einmal das Angebot einer Video-Sprechstunde genutzt, vor allem, um Zeit zu sparen, aber auch, weil er vor Ort keinen zeitnahen Termin bekommen hat. 86 Prozent gaben an, dass sich der Arzt/die Ärztin in der Video-Sprechstunde ausreichend Zeit für sie genommen habe. Fast alle Befragten, 96 Prozent, sprechen sich dafür aus, dass das Angebot an Video-Sprechstunden erweitert werden sollte und 63 Prozent wollen eine Video-Sprechstunde nutzen, wann immer es möglich ist. „In Zeiten abnehmender Praxisdichte und einer alternden Bevölkerung werden Video-Sprechstunden unverzichtbar, um immobile Menschen oder solche in ländlichen Regionen weiter optimal zu versorgen“, betont Wintergerst.
Chancen Künstlicher Intelligenz
Was den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen angeht, sehen 81 Prozent das als eine große Chance für die Medizin. 70 Prozent der Befragten stimmen zu, dass Ärzte und Ärztinnen wann immer möglich, Unterstützung von KI erhalten sollten. Ein gutes Drittel glaubt, dass KI in bestimmten Fällen bessere Diagnosen stellen könne als Menschen. Auf jeden Fall sollte der Einsatz von KI in der Medizin aber streng reguliert werden, sagen 87 Prozent.
Angst vor Hacker-Angriffen
Neben den Hoffnungen, die mit der Digitalisierung verbunden sind, gibt es aber auch viele Befürchtungen. 70 Prozent stimmten zu, dass ein digitalisiertes Gesundheitssystem die Menschen zu gläsernen Patienten macht. Vor Hacker-Angriffen auf Praxen und Kliniken haben 62 Prozent der Menschen Angst. Und 23 Prozent finden den Einsatz von KI im Gesundheitswesen beängstigend.
„Auch in einem digitalisierten Gesundheitssystem behalten die Menschen die Kontrolle über ihre Daten,“ erklärt Wintergerst. „Klar ist: Patientendaten sind hochsensibel und sie müssen bestmöglich geschützt werden. Auch die Krankenhäuser in Deutschland müssen deshalb aufrüsten, damit sie Hackern und Cyberkriminellen keine Einfallstore bieten.“
Es ist noch viel Aufklärung notwendig
Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass den meisten Deutschen die Notwendigkeit der Digitalisierung im Gesundheitswesen bewusst ist. Sie zeigen aber auch, dass noch viel Aufklärungsarbeit notwendig ist, um Informationsmangel und Vorbehalte zu beseitigen.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens macht nach langen Jahren der Stagnation nun große Fortschritte. Wichtig ist jetzt, dass die angekündigten Gesetze und Digitalvorhaben auch zügig ins Ziel gebracht werden“, betont Wintergerst.