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E-Health

Elektronische Patientenakte (ePA), elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und elektronisches Rezept (eRezept) – all diese Anwendungen seien bislang rein politisch gewollt und rein politisch sowie technisch umgesetzt. „Kein digitales Formular hat auch nur eine einzige medizinische Behandlung verbessert; stattdessen aber die ambulante medizinische Versorgung massiv erschwert. Und das in einer Pandemie“, betont Kriedel. Der Nationale Normenkontrollrat habe in seinem jüngst veröffentlichten Servicehandbuch die stets von der KBV geforderten Phasen eines Digitalisierungsprojektes bestätigt. „Der Normenkontrollrat gibt uns da nun Recht. Und so fordern wir die gematik dazu auf, künftig dementsprechend vorzugehen“, so Kriedel. Zudem müsse für das Testen aller Komponenten und Anwendungen ein verlässlicher und valider Standard geschaffen werden. „Sollte die gematik das nicht selbst schaffen, muss die Politik vielleicht über eine Art TÜV für alles nachdenken, was in die Telematikinfrastruktur (TI) und damit auch in die Praxis soll“, fordert Kriedel.

Vertragsärzteschaft will Digitalisierung

Die Vertragsärzteschaft wolle Digitalisierung. „Und zwar eine Digitalisierung, die der Versorgung der Menschen dient – und nicht eine, in der die Vertragsärztinnen und Psychotherapeuten versorgungsfremden politischen Ambitionen dienen“, bekräftigt Kriedel. Er bemängelt, dass sich die Digitalisierungspolitik in den vergangenen Jahren von dieser Versorgungsperspektive gelöst und verselbstständigt habe. Bei der Einführung der eAU und des eRezepts entscheide allein der medizinische Bedarf darüber, wie häufig sie zur Anwendung kommen. „Wir sprechen von 350.000 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und sogar von knapp zwei Millionen Verordnungen pro Tag! Da können wir uns nicht auch nur einen einzigen Tag leisten, unausgereifte Technik und Abläufe in die Praxen geschüttet zu bekommen“, sagt Kriedel. Daher empfehle die KBV den Praxen ganz ausdrücklich, die Übergangszeit bis zum 1. Januar zu nutzen, um die eAU außerhalb der Sprechzeiten Schritt für Schritt zu testen.

Konsolidierungsphase gefordert

Kriedel forderte zudem eine Konsolidierungsphase, in der sich die bereits eingeführten oder angestoßenen Anwendungen in den Praxisabläufen etablieren können, bevor weitere Neuerungen eingeführt werden. Zudem sollte die komplette Betriebsverantwortung für die TI bei der gematik oder auf jeden Fall in einer Hand liegen. „Wir brauchen eine Ausfallsicherheit von 99,99 Prozent mit redundanten Strukturen als Sicherheitsnetz. Und zwar für alles, was zum Betrieb der TI zählt. Wenn der Gesetzgeber schon alle in die TI zwingt, dann muss er auch dafür sorgen, dass alle die TI zuverlässig nutzen können“, so Kriedel. Die KBV werde sich für ein Frühwarnsystem bei Störungen einsetzen, aus dem die Praxen direkt erkennen können, ob die Störung aus der TI komme oder mit ihrem Praxisverwaltungssystem zusammenhänge. „In den zurückliegenden Wochen gab es 15 Störungen in der TI. Im Schnitt dauerte es siebeneinhalb Stunden, bis sie behoben waren. Das entspricht zusammengenommen grob fünf Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und fast 30 Millionen Verordnungen!“, bekräftigt Kriedel.

Strategie „TI 2.0“ der gematik nicht zielführend

Mit ihrer eigenen IT-Strategie distanziere sich die KBV zudem klar von der aktuellen Strategie „TI 2.0“ der gematik. „Die gematik-Strategie stellt wieder vor allem die Technik-Perspektive an den Anfang aller Überlegungen. Mit seinen 51 Prozent Stimmrecht will das Bundesgesundheitsministerium dieses Konzept noch schnell in der nächsten gematik-Gesellschafterversammlung am 29. September vor der Übergabe an eine neue Regierung fixieren“, sagt Kriedel. Mit dem Konzept wäre nach jetzigem Stand auch der sogenannte „Zero-Trust-Ansatz“ beschlossen, eine Abkehr vom jetzigen Hardware-Konnektor als Anschluss an die TI. Eine Software-Lösung sei zeitgemäß; jedoch müssten die Sicherheitsfunktionen der Konnektoren für die Praxen ersetzt werden. „Deshalb stellen wir vier Bedingungen auf: 1. Die Betriebs- und Sicherheitsverantwortung der gematik im Zero-Trust-System muss eindeutig geregelt und eingerichtet sein. 2. Kein Abwälzen der Verantwortung sowie organisatorischer Maßnahmen auf die Praxen. 3. Ein bruchfreier Übergang, ohne Stören des Praxisablaufs. Und 4. Alle Kosten, die durch die neuen Vorgaben entstehen, sind durch den Gesetzgeber beziehungsweise durch die Krankenkassen zu finanzieren“, fordert Kriedel.