Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
E-Health

Manfred Reder von Praxis Projekt beobachtet, dass vor allem in kleineren Praxen oft noch alte ISDN-Anlagen installiert sind. Dabei gibt es diese Übertragungstechnik gar nicht mehr. Sie wurde Ende 2020 ersetzt durch Internettelefonie. „Voice over IP ist hier der Fachausdruck“, erklärt Reder.

Anlage in der Cloud – oder lieber nicht?

Zuerst wäre zu klären, ob die neue Anlage in der Cloud – der Datenwolke – installiert sein soll oder nicht. Vor allem bei Praxen mit mehreren Ärzten oder mit verschiedenen Standorten empfiehlt sich eine Cloud-Lösung. Denn hier überwiegen die Vorteile gegenüber einer Installation auf dem eigenen Server im Keller.

Idealerweise werden alte Tischtelefone ersetzt durch eine Software, ein sogenanntes Softphone, das auf Notebook oder PC installiert ist. „Wer telefonieren will, braucht nur noch diese App und ein Headset“, so Reder. Der Fachinformatiker verweist auf den Preisvorteil, den er auf zehn bis 20 Prozent beziffert, je nach Ausführung und Bedarf. Wer sich zudem für einen Provider wie Peoplefone entscheidet, kann mehr als 100 gleichzeitige Gespräche führen – ohne monatliche Grundgebühr. „Was erstmal nach viel klinkt, kann je nach Größe einer Gemeinschaftspraxis oder eines MVZ schnell beansprucht werden“, sagt der Geschäftsführer von Peoplefone Felix Pflüger.

Telefonanlagen mit großer Flexibilität

Stichhaltigster Punkt für das moderne Telefonieren via Cloud dürfte die Flexibilität sein. Denn via Softphone-App lassen sich Prioritäten einrichten. So kann die Software Anrufe entgegennehmen und an Anrufbeantworter weiterleiten. Das können verschiedene ABs etwa für Rezeptbestellungen, Terminanfragen und Laborbefunde sein. Via Voicemail speichert das System die Anrufe, die sich später en bloc beantworten lassen.

„Wichtig ist zu wissen, dass die Technik eine rund um die Uhr Betreuung zulässt“, verdeutlicht Reder. Bedeutet, dass die ABs Tag und Nacht Anrufe entgegen nehmen können. Fällt einem Patienten nachts um drei Uhr ein, dass er ein Rezept für ein Asthmaspray braucht, weil sein altes im Moment den letzten Hub gemacht hat, muss er nicht bis zum nächsten Morgen warten, um seinen Rezeptwunsch mitzuteilen. Er kann nachts seinen Arzt anrufen und erhält am nächsten Morgen per Mail oder SMS Bescheid, wann er sein Rezept abholen kann bzw. demnächst direkt sein E-Rezept zugeschickt bekommt.

Heimarbeitsplätze für Abrechnungsarbeiten

Wer über die Cloud telefoniert, kann Heimarbeitsplätze einrichten. So können Ärzte und MFAs Schreib- oder Abrechnungsarbeiten online von zuhause aus und via sicherem VPN-Zugang erledigen und sind gleichzeitig unter ihrer Praxisnummer erreichbar. „Teure Rufumleitungen aufs Handy fallen weg“, erklärt wiederum Pflüger.

Ist das Softphone zusätzlich mit der Patienten-Kartei verknüpft, sehen die Kollegen am Empfang, wer anruft. Sie bekommen mit der Annahme des Gesprächs die Patientenakte auf den Bildschirm gespielt und sehen, wer der Anrufer ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch, was er oder sie möchte. Auch merkt sich eine moderne TK-Anlage die letzten Verbindungen. Sie findet somit bei einem erneuten Anruf den direkten Ansprechpartner wieder. Der zeitfressende Umweg über die Zentrale entfällt. „Das ist ein gutes Feature für Fragen, die einem direkt nach dem Auflegen einfallen“, verdeutlicht Reder.

Intuitive Bedienung der Software

Interessant ist auch die intuitive Bedienung der Software. Dicke Handbücher sind passé. Stattdessen lässt sich ein Softphone am Bildschirm, mit Maus und per „Drag and Dropp“ bedienen. „Die Einarbeitung in die neue Telefonanlage geht deutlich schneller und effizienter“, so Reder. So dass selbst Mitarbeiter, die weniger IT-affin sind, rasch einen Überblick bekommen und mit dem Programm arbeiten können.

Auch interessant ist das Hosting virtueller Anlagen. „Das sollte auf jeden Fall auf einem Server stattfinden, der in Deutschland steht und damit der DSGVO unterliegt“, sagt Pflüger. Damit sei gewährleistet, dass personenbezogene Daten sicher sind vor Zugriffen von außen. In diesen Kontext fällt auch die Sicherheit nach einem elektronischen Absturz der TK-Anlage, so dass diese binnen Minuten wieder verfügbar ist. Zentral gespeicherte Back-ups sorgen dafür. Provider wie Peoplefone bieten zudem „Airbags“ an. Das sind automatische Rufumleitungen auf ein alternatives Ziel etwa aufs Handy oder Homeoffice.

Zu guter Letzt hilft eine Online-Telefonanlage auch beim Faxen. Statt Papierstau im Gerät, kommen alle Faxe elektronisch im E-Mailfach als PDF-Datei an. Sie können von dort an Kollegen oder Krankenkassen weitergeleitet werden. Zu beachten ist beim Telefonieren und Faxen über VoIP, dass der Internetanschluss mindestens 100, besser 250 Mbit/sec. haben sollte. Für MVZ gilt ein Wert von 1000 Mbit/sec., weil hier noch mehr Datenvolumen entsteht. Arztpraxen die viele Daten wie Röntgenbilder empfangen und senden, sollte sich Gedanken über einen schnellen VDSL- oder Glasfaser-Anschluss machen.