Blasenentzündungen können Urogenitalkrebs vorausgehen
Constanze PolenzBei älteren Personen, die an einer akuten Blasenentzündung erkranken, könnte die Gefahr urogenitaler Tumore erhöht sein. Das legen die Ergebnisse einer schwedischen Kohortenstudie nahe.
Rund die Hälfte aller Frauen hat mindestens einmal im Leben einen Harnwegsinfekt. Bei Männern kommt das deutlich seltener vor. Die Gefahr, daran zu erkranken, nimmt ab einem höheren Alter bei beiden Geschlechtern zu. Auch Menschen, die an Urogenitalkrebs leiden, haben ein höheres Risiko, an Harnwegsinfektionen zu erkranken.
Was ist Urogenitalkrebs? Definition und Tumorarten
Urogenitalkrebs ist ein Sammelbegriff für Krebserkrankungen der Harn- und Geschlechtsorgane. Er umfasst folgende bösartige Tumorerkrankungen: Nierenzellkarzinom sowie Karzinome der Harnleiter und Harnblase. Bei Männern Prostata-, Hoden- und Peniskarzinom sowie bei Frauen Ovarial-, Endometrium-, Zervix-, Vagina- und Vulvakarzinom.
Zusammenhang zwischen Harnwegsinfekten und Krebs
Aus früheren Studien ist bekannt, dass schwere Harnwegsinfekte wie Pyelonephritis bei Erwachsenen auf Urogenitalkarzinome hinweisen können. Ob das auch auf akute Blasenentzündungen zutreffen könnte, haben Wissenschaftler des Zentrums für Primärversorgungsforschung der Abteilung für Klinische Wissenschaften Malmö an der Universität Lund in Schweden untersucht.
Schwedische Kohortenstudie: Methodik und Datengrundlage
Dazu werteten sie schwedische bevölkerungsbasierte Registerdaten der Primärversorgung aus den Jahren 1997–2018 aus.
Mehr Frauen erkrankten an Zystitis
Die Kohortenstudie schloss insgesamt 3.557.582 Menschen (53 % davon weiblich) ab dem 50. Lebensjahr ein, bei denen bisher kein urogenitales Karzinom bekannt war. Das Durchschnittsalter bei Studienbeginn lag bei rund 66 Jahren. Diejenigen, die an einer diagnostizierten akuten Blasenentzündung erkrankten, ordneten die Forscher der Zystitis-Kohorte zu – insgesamt waren das 605.557 Personen – in der Mehrzahl Frauen (70,6 %). Das durchschnittliche Alter bei der ersten Zystitiserkrankung lag bei 76 Jahren.
Urogenitalkrebs trat im Durchschnitt mit 74 Jahren auf
Im Beobachtungszeitraum wurde bei 257.026 Personen Urogenitalkrebs festgestellt, überwiegend bei Männern (77,5 %). Das durchschnittliche Alter der Erkrankten lag bei 74 Jahren. Insgesamt 24.137 dieser Personen hatten im Vorfeld eine Blasenentzündung.
Häufigste Krebsdiagnosen nach Blasenentzündung
Die häufigsten Krebsdiagnosen waren in absteigender Reihenfolge Prostatakrebs, Blasenkrebs und Gebärmutterschleimhautkrebs. Und zwar sowohl in der Gesamtpopulation als auch in der Zystitis-Kohorte. Wobei die Inzidenzraten bei Personen mit vorausgegangener Blasenentzündung in allen Altersgruppen höher lagen.
Höchstes Krebsrisiko in den ersten Monaten
Für diese Männer und Frauen war das Risiko, an einem Urogenitalkrebs zu erkranken, in den ersten drei Monaten nach der Zystitis am höchsten und sank dann, je nach Krebsart, in den nächsten Monaten bis Jahren. Bei Blasenkrebs blieb das Risiko für beide Geschlechter dauerhaft gering erhöht. Ebenso bei Frauen bei Nieren-, Gebärmutterschleimhaut- und Eierstockkrebs. Männer hatten nach fünf Jahren kein erhöhtes Risiko für Nierenkarzinome mehr. Und auch das Prostatakrebsrisiko war nach einem Jahr nicht mehr vorhanden.
Blasenentzündung könnte ein Krebsmarker sein
„Die Ergebnisse [der Studie] legen nahe, dass bei Erwachsenen ab 50 Jahren mit Symptomen einer Zystitis ein okkultes urogenitales Karzinom in Betracht gezogen werden sollte und dass der Verdacht auf Prostata- und Blasenkrebs, für die die Risiken besonders hoch waren, besonders stark sein sollte“, resümieren die Studienautoren. Denn bösartige Erkrankungen könnten die Immunabwehr im Gesamten, aber auch im Harnsystem im Speziellen beeinträchtigen. Weitere Forschung sei jedoch erforderlich.
Quelle:Jansåker F et al. BMJ Public Health 2025;3(2):e002495. doi: 10.1136/bmjph-2024-002495.