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Urologie

Harnwegsinfekte kommen bei Patienten, die einen Dauerkatheter tragen oder eine saubere intermittierende Katheterisierung der Blase durchführen, häufig vor. Die geschätzte jährliche Inzidenzrate liegt bei bis zu 45 Prozent. „Bei der klinischen Bewertung von nosokomialen, Katheter-assoziierten Harnwegsinfekten ist zwischen einer asymptomatischen Bakteriurie und einer symptomatischen Harnwegsinfektion zu unterscheiden“, schreibt das Robert Koch Institut. Die Leitlinie sieht bei symptomatischen Harnwegsinfekten katheterisierter Patienten eine Antibiotikabehandlung vor. Um Antibiotika-Resistenzen vorzubeugen, gilt diese Empfehlung bei asymptomatischen Bakteriurien nur in Ausnahmefällen. Denn nur bei jedem zehnten Patient mit asymptomatischer Bakteriurie entwickelt sich daraus eine symptomatische Infektion.

Leitungswasserspülungen bei unkompliziertem Harnwegsinfekt

Ein niederländisches Forscherteam um den Urologen Stefan den Hoedt von der Abteilung für Urologie am Erasmus Medical Center, Rotterdam, hat untersucht, wie sich Blasenspülungen mit Leitungswasser auf unkomplizierte Harnwegsinfektionen bei Patienten mit Dauerkatheter oder sauber intermittierender Katheterisierung auswirken. Als unkompliziert galten dabei Harnwegsinfekte mit nicht-systemischen Symptomen, wie trüber oder übelriechender Urin, Blut im Urin, häufiges Wasserlassen, Harndrang und Inkontinenz, Schmerzen/Dysurie beim Katheterisieren oder suprapubische Schmerzen. Die Ergebnisse dieser Studie hat das Fachmagazin „BJU International“ veröffentlicht.

Die Forscher schlossen 60 Patienten, 40 davon männlich, mit einem durchschnittlichen Alter von rund 65 Jahren in ihre Studie ein, die im letzten halben Jahr mindestens zwei Harnwegsinfektionen hatten. 50 von ihnen führten eine intermittierende Katheterisierung durch, die anderen hatten einen transurethralen oder suprapubischen Dauerkatheter. Kontinenzpflegekräfte der urologischen Ambulanz gaben den Patienten Anweisungen, erst beim Auftreten von Symptomen einer unkomplizierten Harnwegsinfektion mit Leitungswasser Blasenspülungen zu beginnen und nicht zur Vorbeugung.

Zu Infekt-Beginn tägliche Leitungswasser-Spülungen

Die Patienten führten die Spülung mit einer 50-Milliliter-Spritze durch, gefüllt mit frischem, körperwarmem Leitungswasser, indem sie das Wasser vorsichtig und mit wenig Druck einspülten und dann wieder herauszogen. Diese Prozedur wiederholten sie mit frischem Wasser so lange, bis die Flüssigkeit klar zurückkam. Zu Beginn spülten die Patienten eine Woche lang täglich. Sobald die Flüssigkeit schon bei der ersten Spritze klar war, reduzierten sie die Häufigkeit sukzessive. Traten nach einer Spülpause neuerliche Symptome auf, begannen sie wieder mit Spülungen. Patienten, bei denen sich die Symptome nicht ausreichend zurückbildeten oder die systemische Symptome wie Flankenschmerzen oder Fieber entwickelten, erhielten Antibiotika.

Alle Teilnehmer füllten zu Beginn der Spülungen und nach drei Monaten Fragebögen aus. Die Forscher erfassten damit Antibiotika-Behandlungen drei Monate vor Beginn der Spülungen, die Zahl der Harnwegsinfekte und die Symptome während der Studienteilnahme sowie Krankenhausaufenthalte aufgrund dieser Infekte. Daneben füllten die Patienten weitere Fragebögen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und der Zufriedenheit mit den Spülungen aus.

Weniger Harnwegsinfekte und weniger Antibiotika-Behandlungen

Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen:

  • Drei Monate vor Beginn der Spülungen hatten 83Prozent der Patienten Antibiotika-Behandlungen gegen Harnwegsinfekte erhalten.

  • Bei der Befragung drei Monate nach Beginn benötigten nur 53 Prozent von ihnen eine Antibiotika-Behandlung.

  • Katheterassoziierte Harnwegsinfekte reduzierten sich um 37,9 Prozent.

  • Es kam weder zu einem Anstieg von Harnwegsinfekten mit systemischen Symptomen noch zu einem Anstieg von Krankenhausaufenthalten aufgrund der Harnwegsinfekte.

  • 85 Prozent der Teilnehmer waren zumindest einigermaßen zufrieden mit den Leitungswasser-Spülungen.

  • Die Mehrheit der Patienten äußerte sich positiv über die Benutzerfreundlichkeit und die subjektive Wirkung.

  • Sieben Prozent brachen die Behandlung aufgrund mangelnder Wirksamkeit oder Schmerzen und Unwohlsein während der Spülungen ab.

„BIasenspülung mit Leitungswasser kann eine vorbeugende und therapeutische Behandlung sein, die den Bedarf an Antibiotika bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen nachhaltig senken kann“, schreiben die Studienautoren. Gerade in Hinblick auf die globale Bedrohung durch steigende Antibiotikaresistenzen könnte diese Behandlung eine potentielle und zudem kostengünstige Alternative sein.

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