Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Herr Kolb, auf was sollten Eltern achten, die ein Kinder-Depot für den Nachwuchs einrichten wollen?

Daniel Kolb, Heidelberger Vermögen

Foto: VBank

Daniel Kolb: Wer ein Kinder-Depot einrichten will, sollte sich die Bank bzw. den Broker sorgfältig aussuchen. Schließlich handelt es sich um eine Geschäftsbeziehung, die für knapp zwei Jahrzehnte halten soll. Zudem sollte man darauf achten, dass die Gebühren für den ETF-Sparplan moderat sind oder sogar ganz entfallen.

Auf was ist hier im Einzelnen zu achten?

Daniel Kolb: Erstens sollte man Gebühren für die Depotführung nicht mehr akzeptieren. Inzwischen gibt es sehr viele Direktbanken, die kostenlose Depots anbieten. Zweitens geht es darum, dass für den Kauf des gewünschten ETF möglichst keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Ein Überblick über Kinder-Depots zeigt, dass es beim zweiten Punkt Einschränkungen gibt. In der Regel können nur 10 bis 20 Prozent der angebotenen ETFs gebührenfrei gekauft werden.

Daniel Kolb: Das ist nicht befriedigend. Wobei entscheidend ist: Ist der ETF Ihrer Wahl gratis zu haben und entstehen außerdem keine Kosten für die Depotführung? Ist dies der Fall, kann man auch bei Banken mit eingeschränktem Angebot ein Kinder-Depot einrichten.

Wie sehen die steuerlichen Aspekte beim Kinder-Depot aus?

Daniel Kolb: Da ich kein Steuerberater bin, sollten Leser zu diesen Fragen stets fachlichen Rat einholen. Soweit ich aber weiß, ist es möglich, dass Eltern für Ihr Kind eine sogenannte Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV) beantragen, wenn klar ist, dass die Kapitalerträge unterhalb wichtiger Freigrenzen bleiben werden.

Was bedeutet die NV-Bescheinigung praktisch?

Daniel Kolb: Banken, die die NV von den Eltern erhalten, ziehen von den Kapitalerträgen aus dem ETF-Sparplan der Kinder keine Abgeltungssteuer mehr ab. Das Geld kann also weiterhin arbeiten, weil es nicht ans Finanzamt fließt.

Greift die NV-Bescheinigung auch, wenn die Kapitalerträge den Sparerfreibetrag überschreiten?

Daniel Kolb: Meines Wissens ist die NV-Bescheinigung auch dann sinnvoll, wenn die Kapitalerträge diesen Betrag übersteigen, aber unter der Summe des Grundfreibetrags (10.908 Euro) und dem Sparerfreibetrag (1.000 Euro) bleiben. Die NV sorgt laut Steuerexperten dafür, dass Eltern für ihre Kinder dann keine Steuererklärung abgeben müssen.

 

Kinder-Depots: Gibt es finanzielle Nachteile?

Weist das Kinder-Depot gar keine finanziellen Nachteile auf? Doch, es gibt welche. Vor allem zwei Bereiche sind zu nennen.

  • Bafög: Sofern das Vermögen eines Kindes die Schwelle von 15.000 Euro überschreitet (seit Januar 2023), hat es keinen Anspruch mehr auf finanzielle Unterstützung durch den Staat etwa während des Studiums. Wäre das Kind Bafög-berechtigt, kann der Schuss finanziell daher nach hinten losgehen. Der Grund: Studierende müssen die Hälfe des Bafögs nicht zurückzahlen. Das ergibt beim Höchstsatz von 934 Euro im Monat und verschiedenen Regelstudienzeiten Summen von klar über 20.000 Euro. Ob Kinder Bafög-berechtigt sind, können Eltern an einer Daumenregel erkennen: Anspruch aufs volle Bafög hat ein Kind laut Deutschem Studentenwerk, wenn der elterliche Haushalt weniger als 20.000 Euro an Nettoeinkommen hat. Teilberechtigt ist es, wenn das elterliche Einkommen vor Steuern und Sozialabgaben unter 40.000 Euro liegt.
  • kostenlose Familienmitversicherung: Verdient oder erhält ein Familienmitglied regelmäßig Kapitalerträge von über 485 Euro im Monat, ist die kostenlose Familienmitversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse nicht mehr möglich, so die Techniker Krankenkasse. Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese Grenze bei monatlichen ETF-Einzahlungen von 100 oder auch 200 Euro bis zur Volljährigkeit erreicht wird. Privat versicherte Eltern müssen sich um die Mitversicherung nicht kümmern, da deren Kinder eigens krankenversichert werden müssen.

Große und günstige Weltaktien-ETFs für das Kinder-Depot

Name ISIN Kosten p.a. Volumen in € Volumen in €
Auswahl: physische Hinterlegung der Aktien (kein Swap), thesaurierend, Sub-Indizes nicht berücksichtigt, Aktienanzahl gerundet.
Recherche: Jürgen Lutz, Quelle: justetf.com, Stand: 23.3.2023
iShares MSCI All Country (ACWI) IE00B6R52259 0,2 % 6,5 Mrd. 2.900
SPDR MSCI ACWI IE00B44Z5B48 0,4 % 2 Mrd. 2.900
SPDR MSCI ACWI Invest. Market IE00B3YLTY66 0,4 % 460 Mio. 9.100
Vanguard FTSE All-World IE00BK5BQT80 0,22 % 5,8 Mrd. 3.700

Autor: Jürgen Lutz