Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Um sich vor existenziellen Risiken im Berufsleben zu schützen, benötigen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte passende Versicherungen. Die meisten geben allerdings auch jedes Jahr viel Geld für Policen aus, ohne alles im Detail im Blick zu haben. Daher lohnt es sich, den Versicherungsbestand regelmäßig zu prüfen: Was ist ein Muss für Praxischefs und welche Verträge sind eher optional?

Berufshaftpflichtversicherung ist Vorschrift für alle

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche zu versichern, die sich aus ihrer beruflichen Tätigkeit ergeben. Bei Einzelpraxen muss die Deckungssumme für Personen-, Sach- und Vermögensschäden wenigstens drei Millionen Euro je Versicherungsfall betragen. Für Niedergelassene mit angestellten Kolleginnen oder Kollegen liegt die Mindestanforderung bei fünf Millionen Euro je Versicherungsfall. Das schreibt das Fünfte Sozialgesetzbuch vor. Die Vorschrift gibt Patientinnen und Patienten nicht bloß Rechtssicherheit, sondern schützt Praxisinhaberinnen und -inhaber auch davor, dass diese gegenüber Dritten mit ihrem Privatvermögen haften und anschließend ein finanzieller Ruin droht.

Kommt es zu Fehlern bei einer Diagnose, Beratung, Behandlung, Aufklärung sowie Dokumentation, übernimmt die Versicherung zunächst alle Kosten, die bei einer Prüfung der Haftungsfrage und Abwehr von unberechtigten Forderungen entstehen. Ist der Anspruch gerechtfertigt, zahlt sie eine Entschädigung. Grobe Fahrlässigkeit und die spätere Haftung nach einer Praxisabgabe sollten dabei abgedeckt sein. Der Schutz erstreckt sich auf Wunsch auch auf angestellte Ärzte, die MFA und Auszubildende sowie teilweise auf Praxisvertreter. Zudem sollten Notdienste, Einsätze als Gutachter und außerdienstliche Tätigkeiten wie Freundschaftsdienste und Erste-Hilfe-Leistungen inbegriffen sein.

Praxisinhaltsversicherung gilt als elementar

Viele Ärztinnen und Ärzte unterschätzen den Wert der Praxiseinrichtung. Vor allem Medizintechnik ist kostspielig, durch den täglichen Gebrauch schadensanfällig und oft per Darlehen finanziert. Darum ist die Praxisinhaltsversicherung elementar. Sie schützt Niedergelassene finanziell üblicherweise vor Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl und Vandalismus, Leitungswasser sowie Sturm und Hagel. Versichert ist der Neuwert des medizinischen und kaufmännischen Inventars sowie der Waren und Vorräte. Die Policen sind unterschiedlich gestaltet. Ein Blick in das Kleingedruckte verrät, was genau und wie viel ersetzt wird. Eine Allgefahrendeckung schließt auch viele untypische und unvorhersehbare Ereignisse ein.

Wer eine Praxisinhaltsversicherung abschließt, kann in der Regel erweiterte Leistungen dazubuchen. Sofern ein Rundum-sorglos-Paket mit Allgefahrendeckung für die eigene Praxis nicht verfügbar oder bezahlbar ist, sind folgende Ergänzungsbausteine sinnvoll: eine Elektronikversicherung, wenn teure Medizingeräte, Büro-EDV und Praxissoftware gegen Risiken aller Art versichert werden sollen – also auch Fehlbedienung, Sabotage oder Kurzschlüsse. Eine Betriebsunterbrechungsversicherung, die den Umsatzausfall und laufende Fixkosten übernimmt, sofern die Betroffenen nach einem Sachschaden zeitweise nicht arbeiten können. Und ein Elementar-Einschluss von Zerstörungen durch Naturgefahren wie Starkregen.

Wichtig ist, die Versicherungssumme in der ausreichenden Höhe zu vereinbaren oder einen Tarif zu wählen, der auf eine Unterversicherungsklausel verzichtet. Andernfalls muss man im Ernstfall einen Eigenanteil zahlen. Um zu vermeiden, dass Wertgegenstände in der Praxis unzureichend abgesichert sind, empfiehlt es sich, bei Vertragsabschluss automatische Anpassungen der Versicherungssummen an allgemeine Lohn- und Preissteigerungen zu vereinbaren. Der zu zahlende Beitrag steigt dadurch jährlich um einen bestimmten Prozentsatz, um die Leistung entsprechend erhöhen zu können. Denn die Reparatur und Beschaffung der versicherten Dinge verteuern sich im Laufe der Zeit zunehmend.

Ausfallversicherungen sind auch unverzichtbar

Bei finanziellen Belastungen infolge von Krankheit und Unfall sowie einer angeordneten Quarantäne springt die Praxisausfallversicherung ein. Ist eine Praxisinhaberin oder ein -inhaber etwa nach einem Unfall für gut sechs Monate arbeitsunfähig, sind mit dieser Police alle laufenden Fixkosten zum Beispiel für das Personal und Mieten abgedeckt – bis zu einem Jahr. Je nach Assekuranz gibt es auch Praxisausfallversicherungen, die zusätzlich zur Arbeitsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen die Folgen von Sachschäden abdecken. Die Angebote sind überall anders. Vor Vertragsabschluss sollte man genau checken, welche Leistungen in den Policen enthalten sind.

Krankentagegeldversicherung kann sinnvolle Ergänzung sein

Eine sinnvolle Ergänzung dazu kann eine Krankentagegeldversicherung sein: Selbstständige Ärzte und Ärztinnen sichern so im Krankheitsfall ein Ersatzeinkommen ab. Das ist vor allem bei längeren Fehlzeiten wichtig. Wenn die Arztpraxis wegen einer behördlichen Anordnung geschlossen werden muss, zahlt sie den entgangenen Gewinn jedoch nicht. Die Höhe des Tagessatzes kann dabei variieren. Individuell vereinbar ist auch eine Karenzzeit, nach der die Krankentagegeldversicherung greift – je früher, desto teurer. Geld gibt es im Unterschied zur Praxisausfallversicherung schon ab dem vierten Tag, nicht erst nach einigen Wochen. Dafür fallen für das Krankentagegeld allerdings auch meist höhere Beiträge an.

Berufsunfähigkeitsversicherung besser frühzeitig abschließen

Der Verlust der Arbeitskraft nach Krankheit oder Unfall bedeutet in der Regel auch eine deutliche Einkommenseinbuße. Statistisch gesehen wird jeder beziehungsweise jede Vierte in Deutschland während seines Arbeitslebens mindestens einmal berufsunfähig. Das belegte eine Datenanalyse der Deutschen Aktuarvereinigung im Jahr 2018. Ein Unfall ist demzufolge nur selten die Ursache. Es sind überwiegend andere Erkrankungen, vor allem psychische Belastungen sind immer öfter der Auslöser. Auch Ärztinnen und Ärzte sind stressbedingt regelmäßig betroffen. Zudem sind sie einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, was zur zeitweiligen oder dauerhaften Berufsunfähigkeit führen kann.

Vor den finanziellen Folgen sollte man sich schützen. Immerhin geht es oft um die wirtschaftliche Existenz, sobald man seine Arbeitsstunden in der eigenen Praxis aus Gesundheitsgründen deutlich reduzieren muss. Die Ärzteversorgungswerke zahlen in der Regel zwar Geld, wenn eine vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt. Diese ist aber eher die Ausnahme. Private Versicherungen leisten dagegen schon bei einem Berufsunfähigkeitsgrad von 50  Prozent eine monatliche Rente – das heißt, wenn die Betroffenen voraussichtlich mindestens sechs Monate aus gesundheitlichen Gründen nicht im zuletzt ausgeübten Job arbeiten können. Der bisherige Lebensstandard kann dadurch abgesichert werden.

Absichern lassen sich damit meist 50 bis 75 Prozent des bisherigen Bruttoeinkommens. Bezüglich der Kosten gilt: Je früher im Leben der Vertragsabschluss, desto geringer sind die Versicherungsbeiträge. Denn die Gefahr, wegen Vor­erkrankungen mehr zahlen zu müssen oder abgelehnt zu werden, steigt naturgemäß mit dem Alter. Mehrere Versicherer bieten Tarife für die medizinischen Fachgruppen an. Hierbei ist vor allem darauf zu achten, dass sie keine abstrakte Verweisung auf eine andere Tätigkeit enthalten, die Prämie ausreichend hoch und später ohne erneute Gesundheitsprüfung anpassbar ist sowie eine Infektionsklausel geregelt ist, die am besten ab einem teilweisen Tätigkeitsverbot greift.

Rechtsschutzversicherung ist kein Muss, kann aber die Nerven schonen

Die Rechtsschutzversicherung ergänzt die Berufshaftpflichtversicherung und deckt im Gegensatz zu dieser das Kostenrisiko juristischer Streitigkeiten, wenn es um die Durchsetzung eigener Ansprüche geht. Dies kann mitunter sehr langwierig und teuer sein. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt beispielsweise die Kosten für eine Anwaltsberatung, eine Schlichtung durch unabhängige Mediatoren und ein Gerichtsverfahren, sofern es zu keiner vorherigen Einigung kommt. Nicht nur die Behandlung von Patienten birgt Konfliktpotenzial. Es kann im Praxisalltag auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit Angestellten, Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen oder Vermietern kommen.

Neben den finanziellen Folgen sollten Niedergelassene an strafrechtliche Konsequenzen denken – etwa bei dem Vorwurf von Vorsatzdelikten wie unterlassener Hilfeleistung oder Körperverletzung. Bei der Kombination der verschiedenen Bausteine in einer Rechtsschutzversicherung kommt es daher vor allem auf „Beruf“ und „Strafrecht“ an. Hier sollte man genau auf das Kleingedruckte achten: Wichtig ist, dass die Assekuranz auch dann die Anwalts- und Gerichtskosten übernimmt, wenn das Verfahren eingestellt wird. Einige speziell für selbstständige Ärztinnen und Ärzte konzipierte Tarife bieten einen Rundum-Schutz an, der zusätzlich Streitigkeiten aus dem Privat- und Verkehrsbereich absichert.

Cyberversicherungen sind eine Frage der persönlichen Abwägung

Bei allen anderen Versicherungen sollten selbstständige Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall abwägen, ob sie mögliche Schäden aus der eigenen Tasche zahlen könnten und wollten oder auch hier einen finanziellen Schutz bevorzugen. Dabei geht es stets um die realistische Einschätzung, welche Kosten ein potenzielles Risiko insgesamt verursachen und ab wann es die eigene Existenz bedrohen würde. Eine zunehmende Gefahr, die auch Inhaberinnen und Inhaber von Arztpraxen ernst nehmen sollten, sind Angriffe auf die IT-Infrastruktur. Angesichts des unkalkulierbaren Ausmaßes ist es ratsam, sich ein Angebot für eine Cyberversicherung einzuholen, die für die Beweissicherung und Wiederherstellung nach dem Datenverlust, die Betriebsunterbrechung sowie die Haftungsansprüche Dritter aufkommt.