Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisfinanzierung

Unter einem partiarischen Darlehen wird ein Gelddarlehen verstanden, bei dem das Entgelt für die Überlassung des Gelddarlehens nicht in einer Verzinsung, sondern in der Beteiligung am Gewinn oder Umsatz eines Unternehmens vereinbart wird. Insbesondere in Zeiten steigender Inflation kann ein partiarisches Darlehen sowohl für Darlehensgeber als auch für Darlehensnehmer finanziell attraktiv sein.

Ein partiarisches Darlehen kann zahlreiche Überschneidungen mit Kapitalmarkt-, Kapitalanlage- und/oder Bankrecht aufweisen und sollte deshalb stets anhand der Gesamtumstände, der Interessenlage der Parteien und unter der Beachtung der Rechtslage für jeden Einzelfall entworfen werden. Bei Ärztinnen und Ärzten kommt dazu noch das Berufsrecht, das einen gewichtigen Einfluss darauf hat, ob partiarische Darlehen mit approbierten Berufsträgern berufsrechtlich wirksam abgeschlossen werden können.

Partiarische Darlehen im Spannungsverhältnis zwischen Berufs- und Zivilrecht

Nach dem ärztlichen Berufsrecht ist es zwingend erforderlich, dass eine approbierte Ärztin oder ein approbierter Arzt ihren Beruf unabhängig ausübt und kein Gewerbe betreiben darf. Exemplarisch ist etwa auf § 29 Abs. 2 Satz 2 Heilberufsgesetz (HeilBerG) NRW zu verweisen, nach dem sowohl die Führung einer Einzelpraxis als auch einer Gesellschaft voraussetzt, dass Ärztekammern in den Berufsordnungen Anforderungen festgelegt haben, die eine eigenverantwortliche, unabhängige und nicht gewerblich ausgeübte heilkundliche Tätigkeit gewährleisten. An dieses Leitbild des Gesetzgebers für die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit knüpft die Musterberufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) an, die in ihrem § 18 Abs. 2 Satz 1 verlangt, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf so ausüben müssen, dass eine „eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung gewährleistet ist“.

Partiarische Darlehen an Ärztinnen und Ärzte als eine Einschränkung der ärztlichen Unabhängigkeit?

Ein partiarisches Darlehen als solches kann, bei Licht betrachtet, keine unzulässige Einschränkung der ärztlichen Unabhängigkeit bewirken. Denn eine solche Einschränkung wird nicht dadurch verursacht, dass darlehensnehmende Ärzte an den Darlehensgeber keinen Darlehenszins, sondern einen Teil ihres Gewinns oder Umsatzes entrichten. Prinzipiell sollte beides – sowohl der Zins als auch die Gewinn- oder Umsatzbeteiligung – aus wirtschaftlicher Sicht gleichbehandelt werden. Schließlich kann mangels Stimm- oder Beteiligungsrechten an der Gesellschaft oder der Praxis der Darlehensgeber die Betriebsführung nicht beeinflussen.

Etwas anderes kann gelten, wenn das angebliche partiarische Darlehen dem Darlehensgeber tatsächlich eine stille Beteiligung an der Praxis des darlehensnehmenden Arztes ermöglicht. Das Gleiche gilt, wenn der Darlehensgeber auf die darlehensnehmende Ärztin oder den darlehensnehmenden Arzt aufgrund anderer Umstände einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

KVen können prüfen, ob etwas dagegenspricht

Das Bundessozialgericht (BSG) führte hierzu in einem bemerkenswerten Urteil vom 23.06.2010 (Az. B 6 KA 7/09 R) aus: „Für das Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, das einem Arzt bei der von ihm bei seinem Antrag auf Zulassung geplanten und dann ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit verbleibt, können zivilrechtliche Vereinbarungen, die er bezogen auf die Arztpraxis getroffen hat, Bedeutung haben. Dies gilt nicht nur für Gemeinschaftspraxen, sondern auch in anderen Fällen. Etwa dann, wenn einem Arzt die Praxisräume und -ausstattung von einem anderen zur Verfügung gestellt werden und dieser sich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung und den Praxisbetrieb vorbehält.“

Aus diesem Urteil wird deutlich, dass das BSG nicht alle zivilrechtlichen Vereinbarungen in die Beurteilung einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit eines Vertragsarztes einbezieht, sondern lediglich solche, die eine Arztpraxis als solche betreffen, zum Beispiel bei Mietverträgen in Bezug auf Praxisräume oder Praxiseinrichtungen, nicht jedoch Verträge, die der Praxisfinanzierung dienen sollen, wie etwa Darlehensverträge. Gleichwohl können Kassenärztliche Vereinigungen und/oder Landesärztekammern unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG auch partiarische Darlehen dahin gehend prüfen, ob sich aus diesen etwaige Einschränkungen einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes ergeben.

Beteiligungen am Gewinn von ärztlichen juristischen Personen des Privatrechts

Ein differenzierteres Bild in Bezug auf partiarische Darlehen ergibt sich, wenn diese Darlehen von Dritten an juristische Personen des Privatrechts vergeben werden, die heilberuflich tätig sind. In erster Linie werden hier Ärzte-GmbH oder Ärzte-Genossenschaften verstanden. Sofern Ärztinnen oder Ärzte ihre Praxen berufsrechtlich in Form einer juristischen Person des Privatrechts führen dürfen – dies ist zum Beispiel in Bayern nicht zulässig (Art. 18 Abs. 1 Satz 2 Heilberufe-Kammergesetz, HKaG) –, verbieten die Heilberufsgesetze der Länder generell eine Beteiligung von Dritten am Gewinn einer betreffenden juristischen Person des Privatrechts (siehe etwa § 32 Abs. 2 Nr. 6 HKG Nds. oder § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 HmbKGH) und untersagen damit die Vergabe von partiarischen Darlehen an solche juristischen Personen des Privatrechts. An die besagten Regelungen der Heilberufsgesetze der Länder knüpft § 23a Abs. 1 Satz 3 lit. c MBO-Ärzte an, der für den Fall einer heilberuflich tätigen juristischen Person des Privatrechts ebenfalls vorsieht, dass Dritte nicht am Gewinn der betreffenden juristischen Person beteiligt werden dürfen.

Aus den dargelegten berufsrechtlichen Regelungen kann man allerdings nicht im Umkehrschluss folgern, dass die Vergabe von partiarischen Darlehen an Ärztinnen und Ärzte, die eine Einzelpraxis oder eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) betreiben, berufsrechtlich generell zulässig sei. Es werden nämlich Ansichten vertreten, dass Regelungen, die die Vergabe von partiarischen Darlehen an juristische Personen betreffen, auch auf Einzelpraxen oder auf Berufsausübungsgemeinschaften analog anzuwenden seien. Übersehen wird dabei häufig, dass für eine solche Analogie eine sogenannte planwidrige Regelungslücke (siehe Kasten) erforderlich ist, die die dargelegten Verbotsregelungen der Länder nach vorzugswürdiger Ansicht gerade nicht enthalten. Gleichwohl ist es nicht von der Hand zu weisen, dass KVen und/oder Landesärztekammern eine solche Analogie befürworten können.

Fazit

Aus der Diskussion um die Vergabe von partiarischen Darlehen an Ärztinnen und Ärzte ist deutlich geworden, dass eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht, ob partiarische Darlehen an Ärztinnen und Ärzte berufsrechtlich vergeben werden dürfen. Vor jedem beabsichtigten Abschluss eines partiarischen Darlehens sollte deshalb der betreffende und auf den Einzelfall zugeschnittene Vertragsentwurf der zuständigen KV und der Landesärztekammer vorgelegt werden.

Planwidrige Regelungslücke
Um eine Analogiebildung vornehmen zu können, muss eine planwidrige Gesetzeslücke vorhanden sein. Das bedeutet: Das Gesetz muss unvollständig sein, sodass der betreffende Sachverhalt nicht von einer gesetzlichen Regelung erfasst ist. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber diese Lücke aus Versehen gelassen hat und sie somit planwidrig ist.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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