Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Zugegeben: Die monatlichen Zahlungen an die Ärzteversorgung schmerzen mitunter. Fakt ist aber, dass es nur wenige Versorgungsträger gibt, die ihre Mitglieder so gut fürs Alter absichern, wie die berufsständischen Versorgungswerke. Umso bitterer ist es, wenn Ärzte ihre teuer erkauften Rentenrechte im Alter nur teilweise nutzen können.

Dass aber kann relativ schnell passieren, wenn die Ehe eines Arztes oder einer Ärztin in die Brüche geht. Grund: Das Gesetz gebietet im Fall einer Scheidung die Aufteilung der Rentenansprüche beider Ehepartner – den sogenannten Versorgungsausgleich. Ziel dieses komplizierten Verfahrens ist es, die Versorgungswerte, die jeder Partner während der Ehe erworben hat, so zu verteilen, dass beide Beteiligten gleichermaßen profitieren.

Pflichtübung bei fast jeder Scheidung

Den Versorgungsausgleich verhandelt das Familiengericht normalerweise von Amts wegen. Einen Antrag müssen Scheidungsaspiranten nur in Ausnahmefällen stellen, etwa, wenn die Ehe nur ein kurzes Vergnügen war und maximal drei Jahre gehalten hat. Grund für diese Ausnahme: Der Versorgungsausgleich soll, auch wenn es immer wieder Reformen gab, noch immer vor allem jene Geschiedene absichern, die zugunsten von Kindern und Familie auf eine Karriere verzichtet haben. Die Idee ist es, ihnen dieselben Ansprüche zu verschaffen, die jene haben, die beruflich durchstarten konnten. In kurzen Ehen sind solchen Schieflagen allerdings eher selten, so dass man sich den Ausgleich sparen kann.

Auf Paare, die es länger als 36 Monate miteinander ausgehalten haben, kommt hingegen ein aufwändiges Verfahren zu. Sobald der Scheidungsantrag eingereicht ist, verschickt das Gericht an beide Partner einen Fragebogen. Darin müssen sie angeben, wo sie während der Ehe Ansprüche auf Alters- und Invaliditätsvorsorge erworben haben. Neben privaten Policen und der betrieblichen Altersvorsorge ist bei Angestellten vor allem die gesetzliche Rentenversicherung relevant, bei Staatsdienern die Beamtenversorgung und bei Freiberuflern eben das jeweilige Versorgungswerk  wie beispielsweise die Ärzteversorgung.

Richter als Rechenkünstler

Hat das Gericht alle Unterlagen beisammen, besorgt es sich die benötigten Auskünfte über den Wert der Rentenanwartschaften und berechnet den eigentlichen Ausgleich. Das ist nicht immer einfach. Denn der Versorgungsausgleich ist keine Einbahnstraße. Vielmehr muss jeder Ehegatte dem anderen jeweils die Hälfte seiner während der Ehe erworbenen Anrechte abgeben. Ergebnis ist ein fehleranfälliger Verschiebebahnhof, wie das folgende Beispiel zeigt.

Allgemeinarzt Doktor Adam hat am 4. September 2004 die Grundschullehrerin Eva geheiratet. Eva war bereits verbeamtet, Adam in der Ärzteversorgung. Am 2. Mai 2018 wird Adam der Scheidungsantrag seiner Noch-Frau zugestellt. Der relevante Zeitraum für die Ausgleichsberechnung beginnt damit am 1. September 2004 (erster Tag des Heiratsmonats) und endet am 30. April 2018 (letzter Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags). In dieser Zeit hat Eva Ansprüche in der Beamtenversorgung erworben, von denen sie Adam die Hälfte abtreten muss. Umgekehrt erhält sie die Hälfte der Versorgungswerte, die Adam in dieser Zeit in der Ärzteversorgung erworben hat. Ebenso verfahren wird mit allen anderen Anwartschaften, etwa aus privaten Rentenversicherungen o.ä.

Korrekturen sind schwierig

Wer sicher gehen will, dass das Gericht alle Werte richtig beziffert und nichts vergessen hat, sollte die Angaben von einem Rentenberater prüfen lassen. Das gilt umso mehr, als nachträgliche Korrekturen nur selten möglich sind: Das Gesetz erlaubt sie nur, wenn sich der Wert der ausgeglichenen Versorgung nachträglich um mindestens fünf Prozent geändert hat.

Ein gutes Beispiel für einen solchen Fall ist die 2014 eingeführte Mütterrente. Sie hat nachträglich die Altersversorgung aller Frauen erhöht, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. War die Frau bei der Geburt verheiratet, kann der geschiedene Gatte nachträglich eine Anpassung des Versorgungsausgleichs verlangen.

Im Gegensatz dazu sorgt ein Todesfall nicht ohne Weiteres für eine Rückabwicklung des Versorgungsausgleichs. Problemlos klappt das nur, wenn der Ausgleichsberechtigte das Rentenalter gar nicht erreicht. Andernfalls ist die Rückabwicklung nur möglich, wenn der Betreffende die angepassten Rentenzahlungen maximal drei Jahre erhalten hat. Flossen die Bezüge länger, muss der Überlebende auch nach dem Tod des Ex-Partners mit der qua Versorgungsausgleich gekürzten Rente leben.

Maßgeschneiderte Lösungen bevorzugt

Angesichts der vielen Unwägbarkeiten im Rahmen des Versorgungsausgleichs raten Juristen vielfach dazu, sich nicht auf die gesetzlichen Regeln zu verlassen, sondern die Rentenverteilung selbst zu gestalten. Paare können das sowohl vor der Hochzeit, also auch während der Ehe tun – per Ehevertrag. Je nachdem, wie gut oder schlecht die beiden Partner mit Blick auf die Rente stehen, lässt sich der Ausgleich ganz oder teilweise ausschließen. Wichtig ist jedoch, dass durch den Vertrag keine Partei unangemessen benachteiligt wird, sonst besteht die Gefahr, dass die Gerichte die Regelung kippen und doch wieder die gesetzlichen Regeln greifen. Ist also schon bei Vertragsschluss absehbar, dass einer der beiden im Alter deutlich weniger Geld zur Verfügung haben wird, ist es sinnvoll, qua Vertrag eine Kompensation für den ausgeschlossenen Versorgungsausgleich zu vereinbaren. Denkbar ist es zum Beispiel, dass der besser Gestellte für den schlechter Abgesicherten eine private Rentenversicherung abschließt, ihm eine Wohnung überschreibt oder eine Abfindung zahlt.

Theoretisch lassen sich solche Regeln sogar noch während des Scheidungsverfahrens vereinbaren – vorausgesetzt, die Beteiligten sprechen zu diesem Zeitpunkt noch miteinander.

So urteilen die Gerichte

Schlappe für den Fiskus. Verzichtet eine Frau gegen Abfindung auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, unterliegen die Zahlungen des Ex-Gatten nicht der Einkommensteuer (Hessisches FG, Az. 11 K 1432/11).
Gerechte Strafe: Hat der Mann seine Frau während der Ehe immer wieder schwer misshandelt, kann der Ausgleich unbillig sein. (OLG Braunschweig Az. 3 UF 17/17).
Folgenschwerer Betrug: Das Familiengericht kann den Versorgungsausgleich wegen unzumutbarer Härte ausschließen. Das OLG Hamm hat dies im Fall einer Frau getan, die ihrem Mann während der Ehe drei Kuckuckskinder untergeschoben hat (Az. 10 UF 177/07).