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Steuern

Die Vererbungswelle rollt. Nach aktuellen Berechnungen werden jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro vererbt und verschenkt. Nicht selten gehören unversteuerte Vermögenswerte und damit Schwarzgelder zum Erbvolumen. Hierzu zählen nicht nur heimliche Gelder auf Auslandskonten und -depots. Auch Ferienimmobilien stehen unter Generalverdacht. Obendrein prüfen Finanzbeamte, ob bereits länger zurückliegende Vermögensübertragungen oder Umfirmierungen zu unversteuerten Einnahmen geführt haben.

Das Phänomen „Schwarzgeld im Nachlass“ gewinnt an Bedeutung. Zwar wollen viele Best-Ager im Zuge der Nachfolgeplanung reinen Tisch machen. Doch die stark verschärften Regeln für Selbstanzeigen bremsen viele Steuersünder aus. Die Folge: Viele Erblasser „vererben“ steuerliche Probleme an ihre Nachkommen. Gleichzeitig steigt mit dem automatischen Informationsaustausch von Bankdaten das Entdeckungsrisiko für alle Beteiligten an.

Tücken beim Nachlass

Wenn Erben den Nachlass nicht ausschlagen, übernehmen sie alle steuerlichen Rechte und Pflichten des Verstorbenen. Sie haften für dessen Steuersünden, in der Regel auch mit ihrem eigenen Vermögen. Neben den hinterzogenen Steuern sind auch Hinterziehungszinsen von sechs Prozent im Jahr fällig.

Sobald Erben Kenntnis über unversteuertes Vermögen erlangen, müssen sie unverzüglich handeln und die Steuerhinterziehung anzeigen. Sonst machen sich Erben mitschuldig und können selbst wegen Steuerhinterziehung belangt werden. Kommt es zu einer rechtskräftigen Verurteilung, drohen weitere Sanktionen. Dazu zählen die Entziehung der Approbation bei Ärzten, der Verlust von Pensionsansprüchen bei Beamten oder das Aberkennen von gewerberechtlichen Genehmigungen.

Nur selten haben Erblasser ihre zukünftigen Erben über alle Chancen und Risiken rund um den Nachlass informiert. Viele Nachlässe entpuppen sich als Überraschungspaket. Begünstigte erben womöglich einen Nachlass mit weitreichenden Nachwirkungen. Begünstigte sollten sich umgehend selbst einen Überblick über die Zusammensetzung des Nachlasses und die steuerlichen Ungereimtheiten verschaffen. Die Zeit drängt: Wenn Hinterbliebene ihr Erbe nicht innerhalb von sechs Wochen ausschlagen, werden sie in der Regel zu rechtskräftigen Erben.

Schwarzgelder im Nachlass sind nicht immer leicht zu erkennen. Naturgemäß bleiben unversteuerte Vermögenswerte im notariellen Testament gerne unerwähnt. Klarheit über die Existenz von Schwarzgeld verschafft nur eine eingehende Prüfung. Es ist dringend ratsam, alle Bankunterlagen des Erblassers über den steuerlich relevanten Zeitraum gründlich zu kontrollieren (siehe Zusatzinfo am Ende des Beitrags „Schwarzgeld hat viele Gesichter“).

Anzeige- und Erklärungspflichten beachten

Entdecken Erben unversteuertes Vermögen, müssen sie mehrere Punkte beachten und zügig umsetzen. Zum einem müssen sie eine korrekte Erbschaftsteuererklärung abgeben oder eine bereits abgegebene Erklärung korrigieren.

Zum anderen müssen sie die Steuererklärungen für den Erblasser berichtigen – und zwar gleichzeitig mit der Erbschaftsteuererklärung. Sonst droht eine Kontrollmitteilung des zuständigen Finanzamts für die Erbschaftsteuer an das Finanzamt des Erblassers. Die steuerliche Verjährungsfrist im Falle einer Steuerhinterziehung beträgt zehn Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde. Hat der Erblasser seine Steuererklärungen sehr spät oder überhaupt nicht abgegeben, verlängert sich der Berichtigungszeitraum auf bis zu 13 Jahre. Bei einer verspäteten Korrektur der Steuererklärungen des Erblassers, begehen die Erben selbst eine Steuerhinterziehung.

Obendrein müssen Erben ihre eigenen Steuererklärungen durch eine Berichtigungserklärung korrigieren. Steht der Vorwurf einer Steuerhinterziehung im Raum, ist unter Umständen auch eine Selbstanzeige ratsam. Damit eine strafbefreiende Wirkung eintritt, sollten Betroffene eine Selbstanzeige stets sorgfältig vorbereiten.

Fallstrick Erbengemeinschaft

Erhöhte Vorsicht ist bei Erbengemeinschaften geboten. Miterben können grundsätzlich nur gemeinschaftlich entscheiden. Durch die Anzeige nur eines Betroffenen kann es zur Aufdeckung der Tat kommen, was den Miterben eine strafbefreiende Selbstanzeige verwehrt. Nur wer gemeinsam handelt, kann Straffreiheit für alle Erben erreichen.

Erben sollten schon bei dem geringsten Verdacht auf Schwarzgeld umgehend einen erfahrenen Juristen oder Steuerexperten hinzuziehen. So gewinnen Hinterbliebene Klarheit und können zügig die erforderlichen Maßnahmen in die Wege leiten. Um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden, kommen in bestimmten Fällen auch eine Nachlassverwaltung oder eine Nachlassinsolvenz in Frage. So können Erben die Haftung auf den Nachlass des Verstorbenen begrenzen.

 

Schwarzgeld hat viele Gesichter

Bisweilen zählt auch zweifelhaftes Vermögen zu Erbmasse. Betroffene sollten umgehend fachlichen Rat einholen und den Sachverhalt prüfen lassen.

Geldanlagen: Nach wie vor horten viele Anleger heimlich hohe Summen auf ausländischen Konten oder Depots, insbesondere bei kleineren Banken. Wenn ein Auslandsdepot existiert, ohne dass ein Anleger je Erträge gemeldet hat, liegt der Schwarzgeldverdacht nahe – und ruft die Finanzbehörden auf den Plan.

Auslandsimmobilien: Einige Käufer geben den Wert einer Ferienimmobilie im offiziellen Notarvertrag absichtlich viel zu niedrig an. Die Differenz zwischen dem verbrieften und dem tatsächlichen Wert zahlen sie schwarz. Oder: Käufer erwerben eine alte Immobilie zum Spottpreis und beauftragen Schwarzarbeiter mit der Sanierung.

Bargeld: Auch größere Bargeldmengen im Nachlass sind nicht unproblematisch. Bei einem aufwändigen Lebensstil, der nicht im Einklang mit den Einkommensverhältnissen steht, kann der Fiskus die Finanzierung hinterfragen. Das Finanzamt kann eine Schätzung vornehmen. Erben müssen den Betrag nachversteuern und Hinterziehungszinsen zahlen.

Sonstiges: Stiftungen oder Trusts führen nicht zwangsläufig zur Steuerhinterziehung, können aber genau dazu genutzt werden. Heikel sind auch hohe Vermögenstransfers zwischen Eheleuten, auch auf ein Gemeinschaftskonto. Schnell werten die Finanzbehörden Transaktionen als Schenkung, die dem Finanzamt angezeigt werden müssen.

(Quelle: BKL Fischer Kühne + Partner, www.bkl-law.de)

Die Autoren:

Dr. Anke Warlich ist seit 2007 als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht bei BKL Fischer Kühne + Partner tätig. Sie verfügt über einen Abschluss als „Master des Europäischen Rechts“ (LL.M. Eur.). Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Steuerstrafrecht, in der rechtlichen und steuerlichen Beratung bei der Vermögensnachfolge und darüber hinaus in der Beratung von Banken, Sparkassen und freien Finanzdienstleistungsunternehmen.

Dr. Franz W. Brunn ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Seit 1982 ist Dr. Brunn als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Seit 1. Januar 2018 ist er gleichzeitig als of Counsel für BKL Fischer Kühne + Partner tätig und Co-Leiter des Pforzheimer Büros. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Steuerrecht, Steuerstrafrecht und Gesellschaftsrecht.