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Versicherungen

Seit 2004 hat die AOK Bayern Fälle von Fehlerverhalten im Gesundheitswesen registriert, die sie im schlimmsten Fall 60 Millionen Euro gekostet hätten. Vor allem im Bereich der Pflegedienste gehen Betrüger immer dreister und leider auch immer professioneller vor. Matthias Jena, Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Bayern, fordert deshalb ein bundesweites Zentralregister, das Betrugsfälle personenbezogen speichert.

Kriminelle Karriere im neuen Bundesland

Bisher könnten Betrüger einfach ein Bundesland weiterziehen und dort eine neue Zulassung beantragen, ohne dass die Kranken- und Pflegekassen über die kriminelle Karriere informiert würden, sagt Jena. „Datenschutz darf nicht als Täterschutz missbraucht werden.“ Zugleich fordert Jena, dass die Landesverbände der Pflegekassen sich polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen lassen dürfen vom Inhaber eines Pflegedienstes, der leitenden Pflegekraft und ihrer Stellvertretung. Jena wünscht sich bei der Bekämpfung von Fehlverhalten eine erheblich engere Zusammenarbeit mit den Verbänden der Pflegedienste.

Verdachtsfälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen

Doch nicht nur die Pflegedienste stehen am Pranger. Insgesamt haben die Experten der AOK Bayern in den Jahren 2014 und 2015 mehr als 5.000 Verdachtsfälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bearbeitet – darunter gut 3.000 Neufälle und 2.100 Bestandsfälle. Mehr als 3.400 Fälle konnten im Berichtszeitraum abgeschlossen werden. Bei knapp 400 Fällen hatte die AOK Bayern die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Über 1.320 der abgeschlossenen Fälle waren als Fehlverhalten einzustufen, rund 270 Fälle waren Abrechnungsfehler. Insgesamt gab es somit bei rund 60 Prozent der abgeschlossenen Fälle straf- oder zivil-/sozialrechtlichen Handlungsbedarf.

Gesamtschaden ist immens

Der Gesamtschaden liegt bei 8,5 Millionen Euro. Rund 5,6 Millionen Euro konnte Bayerns größte Krankenkasse bisher erfolgreich zurückfordern. Seit Einrichtung der Fehlverhaltensstelle 2004 hat die AOK Bayern einen Gesamtschaden durch Betrug von über 60 Millionen Euro festgestellt. Über 40 Millionen Euro konnten zurück geholt werden.

Aus der täglichen Ermittlungsarbeit berichtet Dominik Schirmer, Beauftragter zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der AOK Bayern: „Die Betrüger gehen nicht nur dreist und unanständig vor. Sie werden auch immer professioneller.“ Gezielt würden betrügerische Pflegedienste elektronische Abrechnungsprogramme für ihre Betrugsmaschen einsetzen, so Schirmer. „Uns gegenüber rechnen sie dann aber – und das ist in der Pflege leider Standard – auf Papier ab.“ Schirmer fordert daher digitale und manipulationssichere Abrechnungssysteme in der Pflege. Im Kampf gegen Betrug im Gesundheitswesen setzt die AOK Bayern auf intelligente Softwareprogramme. „Künftig wollen wir Data Mining einsetzen, um die Abrechnungen von Leistungserbringern auf Betrugsmuster digital zu überprüfen“, sagt Schirmer.