Das vormals duale System aus einer gesetzlichen und privaten Krankenversicherung in den Niederlanden wurde 2006 in ein einheitliches Krankenversicherungssystem überführt. Eine neue WIP-Analyse zeigt, dass ein Großteil der ursprünglich gesetzten Ziele nicht erreicht wurde.
Obwohl die Niederlande eine vergleichsweise junge Bevölkerung (Medianalter 42,6 Jahre, Deutschland: 47,1 Jahre) aufweisen, liegen die Gesundheitsausgaben pro Kopf etwa auf dem Niveau Deutschlands. Das niederländische Gesundheitssystem gehört trotz des deutlich geringeren Altersschnitts inzwischen zu den teuersten in der EU und der OECD. Nach der Reform sind die Kosten weiter gestiegen. Darauf reagierten die Niederlande mit einer Reihe von Kostendämpfungsmaßnahmen.
Für die Versicherten hat sich die finanzielle Belastung trotzdem seit 2006 merklich erhöht: Die Beitragsbemessungsgrenze stieg bis 2017 um 79 % auf 53.701 € pro Jahr (Zum Vergleich: Deutschland +22 %) und die durchschnittliche Pauschalprämie um 28 % auf 1.353 € pro Jahr. Die verpflichtenden Selbstbehalte, die jeder Versicherte zusätzlich tragen muss, haben sich mehr als verdoppelt und stiegen um 133 % auf mittlerweile jährlich 385 €. Patienten geben in Umfragen an, notwendige medizinische Leistungen oder Medikamente nicht in Anspruch zu nehmen, weil sie sich den Selbstbehalt nicht leisten können.
Wettbewerb zwischen den Versicherungen
Der Wettbewerb zwischen den Versicherungen ist durch eine starke Marktkonzentration gehemmt. Für Versicherte mit gesundheitlichen Risiken ergeben sich Probleme, ihren Krankenversicherer zu wechseln, da die Versicherer bei Zusatzversicherungen nach Risiko differenzieren können und Zusatzversicherungsverträge in der Regel in Kombination mit der Basisversicherung bestehen (bei 84 % der Versicherten).
Angesichts der unbefriedigenden Entwicklungen wird in den Niederlanden kontrovers über die Zukunft der Krankenversicherung diskutiert. Als Vorbild für Deutschland taugt die niederländische Gesundheitsreform von 2006 auch deshalb nicht, weil die private Krankenversicherung in den Niederlanden im Gegensatz zu den deutschen Versicherern keine kapitalgedeckten Alterungsrückstellungen aufgebaut hatte und sich damit die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen von vornherein weniger unterschieden als hierzulande.
Die komplette Studie können Sie hier runterladen: LINK ZUR STUDIE
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