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Medizin

Das geht aus einer Datenerhebung der KKH Kaufmännische Krankenkasse in Hannover hervor. Demnach stieg die Zahl der 6- bis 18-Jährigen, die unter Sprach- und Sprechstörungen leiden, von 2011 auf 2021 um insgesamt 58 Prozent (Mädchen: 59,4 %; Jungen: 56,7 %). Damit wies rund jeder zehnte Junge und jedes 16. Mädchen im vergangenen Jahr Sprachdefizite auf.

Der Vergleich zwischen den Jahren 2019 und 2021 legt nahe, dass sich dieses Problem im Rahmen der Corona-Pandemie verschärft haben könnte. So kam es in diesen zwei Jahren zu einem Zuwachs von Sprach- und Sprechstörungen um neun Prozent bei den 6- bis 18-Jährigen und um knapp 21 Prozent bei den 15- bis 18-Jährigen.

Lässt die Pandemie Heranwachsende sprachlos zurück?

Laut KKH haben pandemiebedingte Einschränkungen die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen vieler Kinder erschwert. So sei durch Homeschooling und fehlende soziale Kontakte der direkte kommunikative Austausch mit Lehrern und vor allem Gleichaltrigen verloren gegangen. Zudem hätten geschlossene Kitas und Schulen dazu geführt, dass manche Sprachstörung unentdeckt blieb. Weiterhin könnten nach Ansicht der Krankenkasse geschlossene Logopädie-Praxen die Problematik befeuert haben, indem Therapien unterbrochen und erzielte Fortschritte möglicherweise zunichtegemacht wurden.

„Aufgrund coronabedingter Hygienevorschriften wie Schutzmasken oder Kontaktbeschränkungen ist der komplexe Spracherwerb von heute Zwei- und Dreijährigen über kommunikatives Erleben mit Lautbildung, Ablesen von Lippenbewegungen oder auch Mimik eingeschränkt gewesen“, ergänzt Vijitha Sanjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH. „Aber auch organische Ursachen wie Hörprobleme sowie genetische Veranlagung oder auch übermäßige Nutzung von Smartphone, PC und Fernseher können für Sprachdefizite ursächlich sein. Und manchmal kann der Sprachentwicklungsstörung keine erkennbare Ursache zugeordnet werden.“

Aktive Sprachanreize setzen

Sprachentwicklungsstörungen werden meist von Kinderärztinnen oder -ärzten bei den U-Untersuchungen festgestellt. Je früher sie erkannt und behandelt werden, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Aber auch die Eltern selbst können ihre Kinder aktiv dabei unterstützen, Sprachkompetenz auf- und auszubauen. „Lesen Sie Ihrem Kind vor, spielen Sie mit ihm Spiele und entwickeln Sie gemeinsam Geschichten oder Reime, führen Sie Gespräche und diskutieren Sie miteinander“, empfiehlt Vijitha Sanjivkumar. „Schenken Sie Ihrem Kind beim Kommunizieren Aufmerksamkeit, und schauen Sie es an. Auch ausreden lassen, ist wichtig. All das wirkt sprachfördernd.“