Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Medizin

Leonardo da Vinci, so erzählt man, hat im Schutze der Dunkelheit auf Friedhöfen frische Leichen ausgegraben, um sie heimlich zu sezieren. Heute gilt die Leichenöffnung als unersetzbares Kernstück der anatomischen Lehre und ärztlicher Fortbildungen. Vorangegangene Studienergebnisse zeigten jedoch bereits, dass eine Sektion nicht ganz ungefährlich für Ärztinnen und Ärzte bzw. Studierende sein kann. So konnte nachgewiesen werden, dass eine Übertragung von HIV, Hepatitis B und C sowie von Tuberkulose im Rahmen einer Sektion möglich ist.

Angehende Ärzte müssen an echten Körpern üben – zunächst an Leichen

Vor diesem Hintergrund untersuchten Wissenschaftler jetzt, in welchem Ausmaß potenziell pathogene Bakterien noch auf der Körperoberfläche von formalinfixierten Leichen isoliert werden können. Dafür wurden spezifische Körperregionen wie Achselhöhle, Perineum, Fingerspalten sowie Mund- und Nasenhöhlen für die mikrobiologische Untersuchung ausgewählt. Hautfalten in diesen Regionen machen sie zu potenziellen Orten für das Wachstum von Bakterien.

Das Ergebnis war eindeutig: Obwohl Leichen mit Formalin behandelt werden, können sie immer noch viele Infektionen übertragen. Speziell in den Regionen der Achsel, des Perineums und oronasal wurde eine hohe Anzahl von potenziell pathogenen Bakterien isoliert. Dazu gehörten unter anderem Staphylococcus haemolyticus, Corynebacterium striatum und Staphylococcus epidermidis. Die Desinfektionstechniken waren demnach nicht vollständig wirksam.

Alternativen zu Formalin gesucht

Formalin wird nach wie vor am häufigsten für die Konservierung von Leichen eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine wässrige Lösung von Formaldehyd, die durch eine Bildung kovalenter Bindungen wirkt und so das Wachstum verschiedener Bakterien und Pilze hemmt. Neben Formalin werden auch Ethanol und Phenol verwendet. Formaldehyddämpfe sind schädlich und verursachen Haut- und Schleimhautreizungen. Studierende und Ärzte klagen häufig über tränende Augen, Trockenheit der Schleimhäute, Kopfschmerzen, Übelkeit und Magen-Darm-Störungen. Zusätzlich ist das Gewebe des Leichnams durch Formalin verhärtet, was die Sektion erschwert. Die Verwendung scharfer Instrumente erhöht die Gefahr einer Verletzung und damit das Risiko, Krankheitserreger durch offene Wunden zu übertragen.

Derzeit laufen Studien, um Formalin durch alternative wirksame Konzentrationen zu ersetzen. Aktuell wird Formalin jedoch aufgrund seiner geringen Kosten immer noch als Konservierungs- und Desinfektionsmittel in Präparierhallen verwendet.

Diese Vorsichtsmaßnahmen sollten Sie treffen

Richtige Kleidung (Laborkittel), Haarbedeckung und Handschuhe sind die elementaren Sicherheitsvorkehrungen bei der Sektion. Am Ende der Arbeit sollte auf eine Tischsterilisation, ordnungsgemäße Entsorgung von unerwünschtem Gewebe sowie das gründliche Händewaschen und Händedesinfizieren Wert gelegt werden.

Befinden sich mehrere Personen während der Sektion in einer Halle, muss auf eine sachgemäße Belüftung geachtet werden. Zudem ist ein Impfschutz u.a. gegen Hepatitis B und Tuberkulose, von entscheidender Bedeutung, um im Falle von Verletzungen beim Umgang mit den Leichen eine Erregerübertragung zu vermeiden.

Zu beachten: Insbesondere in der Rechtsmedizin repräsentieren die Leichen keinen Bevölkerungsdurchschnitt und haben oft eine kriminelle Vorgeschichte. Leichen, die seziert werden, sind zumindest im städtischen Bereich überdurchschnittlich häufig seropositiv für Hepatitis und HIV.

Quelle: Gundreddy P and Gaurkar SS. Cureus. 2022 Oct; 14(10): e30684.