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Urologie

Laut des Zentrums für Krebsregisterdaten sind 2020 in Deutschland 13.680 Menschen an einem nicht-invasiven Blasenkrebs oder einem Carcinoma in situ der Blase erkrankt. Patienten mit nicht-muskelinvasivem Urothelkrebs erhalten im Anschluss an die Tumorresektion eine adjuvante intravesikale Instillationstherapie, um Rezidive zu verhindern. Dazu wird entweder das Chemotherapeutikum Mitomycin-C oder das Immuntherapeutikum Bacillus Calmette-Guerin (BCG) in die Blase eingebracht.

Klassische Instillationstherapie hat Grenzen

Beide Behandlungen haben viele Nebenwirkungen, und die eigentliche Wirkung ist begrenzt. Die 5-Jahres-Rezidivrate liegt bei 30 bis 70 Prozent und die Progressionsrate bei 10 bis 30 Prozent. Gründe für die ungenügende Wirksamkeit liegen unter anderem darin, dass der kontinuierliche Zufluss neuen Urins den Wirkstoff verdünnt sowie an der schlechten Haftung am Ziel. Dass sich die Wirkstoffe an der tiefsten Stelle absetzen ist ebenfalls ein Problem. Deshalb müssen die Patienten alle halbe Stunde ihre Lage ändern, damit der Wirkstoff überall hinkommt. Um das Auftreten von Rezidiven rechtzeitig zu erkennen, sind häufige Kontrollzytoskopien nötig.

Der Einsatz von selbstfahrenden Nanorobotern, die therapeutische Wirkstoffe direkt an den Tumor bringen, könnte zu einer Verbesserung der Rezidiv- und Progressionsneigung beitragen. Unter der Leitung von Prof. Samuel Sánchez haben Forscher des „Institute of Bioengineering of Catalonia (IBEC)” das jetzt in Zusammenarbeit mit Forschern anderer Einrichtungen an Mäusen mit Blasenkrebs untersucht. Ihre Ergebnisse hat das Fachmagagzin „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht.

Nanopartikel bewegen sich mithilfe von Urease

Die Wissenschaftler haben für ihre Studie winzige Nanobots verwendet, die aus einer porösen Siliziumdioxid-Kugel (ca. 450 nm im Durchmesser) bestehen. Sie waren mit Tracern markiert, so dass die Forscher ihr Verhalten mittels PET-Bildgebung beobachten konnten. Auf ihrer Oberfläche befand sich das radioaktive Jod-Isotop I-124 zur Behandlung des Tumors. Außerdem das Enzym Urease, das für den Antrieb der Nanobots verantwortlich war, indem es mit Harnstoff reagierte. Der viele Harnstoff im Urin ermöglichte es den Nanorobotern, alle Blasenwände zu erreichen und damit auch den Tumor. Eine lokale pH-Wert-Erhöhung, hervorgerufen durch die Urease-Harnstoff-Reaktion, erleichterte es den Nanobots, die Außenhülle des Tumors zu durchdringen. Wohingegen sie von den Blasenwänden einfach wieder abprallten.

Erhöhte Nanobot Konzentration im Tumor nachweisbar

Die Wissenschaftler instillierten Mäusen mit Blasenkarzinomen mithilfe eines Katheters Radionuklid-bestückte Nanoroboter in die Blase. Anschließend untersuchten sie die Mäuse mit Ganzkörper-PETs und CT-Scans. Dabei zeigte sich, dass die Nanobots in der ganzen Blase vorhanden waren. Aber vor allem innerhalb des Tumors waren die radioaktiv markierten Nanoroboter mit Selbstantriebskraft besonders stark angereichert und zwar in achtfacher Konzentration. Das bedeutet, dass der Wirkstoff, den die Nanobots tragen, vor allem da wirkt, wo er wirken soll und dass er damit das gesunde Gewebe schont, laut den Studienergebnissen.

Bei den Mäusen führte eine einzige derartige Behandlung mit der höchsten I-124-Dosierung zu einer Verringerung der Tumorgröße um etwa 90 Prozent. „Damit positionieren sich Nanobots als effiziente Abgabe-Nanosysteme für die Blasenkrebstherapie“, sagen die Studienautoren.

Quellen:
https://www.nature.com/articles/s41565-023-01577-y

https://ibecbarcelona.eu/bladder-tumours-reduced-by-90-using-nanorobots/

https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Harnblasenkrebs/harnblasenkrebs_node.html

https://register.awmf.org/assets/guidelines/032-038OLk_S3_Harnblasenkarzinom_2020-04-verlaengert.pdf