Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als eine Million Todesbescheinigungen ausgestellt. Bislang geschieht das fast immer handschriftlich – oft mit nur schwer lesbaren Durchschlägen und außerdem in 16 unterschiedlichen Länderformaten. Diese weichen mal mehr, mal weniger von den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab. Die Formulare sind Grundlage für die Todesursachenstatistik, jedoch nur eingeschränkt vergleichbar. Hinzu kommen in fünf bis zehn Prozent der Fälle fehlerhafte Angaben: Zahlendreher beim Datum, falsch geschriebene Namen, unplausible Zeitangaben. In den Gesundheits- und Standesämtern verursacht die Korrektur zusätzliche Arbeit. Denn beurkundet wird erst, wenn alle Angaben stimmen. 

Nutzerfreundliche Anwendung

Ein vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) initiiertes Pilotprojekt in Leipzig und Ludwigsburg sollte nun prüfen, ob eine digitale, standardisierte Lösung praktikabel ist. Über die Ergebnisse berichtet Dr. Olaf Eckert vom Statistischen Bundesamt in der Zeitschrift „WISTA – Wirtschaft und Statistik“. Die elektronische Todesbescheinigung (eTB) basiert auf einem bundesweiten Kerndatensatz mit 85 einheitlichen und 42 länderspezifischen Feldern. Ärztinnen und Ärzte füllen die Bescheinigung über eine nutzerfreundliche App aus, die Plausibilität prüft und die Daten verschlüsselt an die Gesundheits- und Standesämter übermittelt. Ausdrucke können nach jeweiligem Landesrecht automatisch erzeugt werden. Die Kommunikation erfolgt binnen eines Tages. Medienbrüche und doppelte Eingaben entfallen. Das spart Zeit, reduziert Fehler und beschleunigt den gesamten Prozess.

Schneller und stimmiger: elektronische Todesbescheinigung kommt gut an

Von den 201 registrierten Ärztinnen und Ärzten nutzten 68 die eTB aktiv. In fünf Monaten stellten sie 531 elektronische Bescheinigungen aus – 512 in Leipzig und 19 in Ludwigsburg. In Leipzig entsprach das rund 15 Prozent aller Sterbefälle im Pilotzeitraum. Die Gesundheits- und Standesämter lobten in der Nachbefragung die zeitliche Ersparnis und schnelle Verfügbarkeit, die Lesbarkeit und die geringere Anzahl fehlender oder falscher Angaben – was Rückfragen ersparte. Die Mitteilungen lagen schnell im System vor, ein Verlust war deutlich weniger wahrscheinlich.

Schritte zum möglichen Rollout    

  • Für einen bundesweiten Rollout sind Anpassungen in den Bestattungsgesetzen der Länder erforderlich.

  • Perspektivisch ließe sich die eTB in die Praxissoftware integrieren, damit relevante Angaben direkt aus Patientenakten übernommen werden.

Die bundeseinheitliche eTB hat sich als praxistauglich erwiesen. Ärztinnen und Ärzte bewerteten sie als verständlich und anwenderfreundlich; die Akzeptanz war hoch. Die Verwaltung fühlte sich entlastet und sprach sich klar für die dauerhafte Einführung aus. Eine flächendeckende eTB könnte zudem die Datenlage der Mortalitätsstatistik erheblich verbessern und die Reaktionsfähigkeit auf Gesundheitsgefahren wie Hitzewellen oder Pandemien stärken. Darüber hinaus würde sie die Einrichtung eines nationalen Mortalitätsregisters ermöglichen, wie es seit Jahren von der Wissenschaft gefordert wird.

Datenschutz

Zunächst verschlüsselt die eTB-App alle Angaben lokal auf dem mobilen Endgerät. So können sie unterwegs nicht abgefangen oder eingesehen werden. Anschließend werden die Daten verschlüsselt an den eTB-Server gesendet. Die Fachverfahren der Gesundheits- und Standesämter können die Daten über sichere Schnittstellen entschlüsseln. Auf diese Weise bleibt der Schutz der Patientendaten gewahrt, während Gesundheits- und Standesämter die Informationen schnell erhalten.

  • Die Cloud-Sicherheit des Servers entspricht den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für Behörden.

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