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Medizin

Etwa ein bis drei Prozent aller Paare im gebärfähigen Alter leiden unter wiederholten Spontanaborten (WSA) – also drei oder mehr aufeinanderfolgenden Fehlgeburten vor der 20. Schwangerschaftswoche. Mit der aktualisierten S2k-Leitlinie, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) entstanden ist, sollten Ärztinnen und Ärzte bei der Begleitung von Betroffenen unterstützt werden.

„Aufgrund der heterogenen Studienlage zu diesem Thema bestehen weit verbreitete Unsicherheiten bei der Behandlung von Frauen mit WSA“, so Prof. Anton Scharl, Präsident der DGGG. „Daher erscheint eine aktualisierte Leitlinie auf S2k-Niveau zur Verbesserung der Versorgungsqualität sinnvoll.“

Die Frage nach dem Warum

Spätestens nach drei – in begründeten Ausnahmefällen sogar bereits nach zwei – aufeinanderfolgenden Aborten sollten die zugrundeliegenden Risikofaktoren abgeklärt werden. Neben Aspekten, die den Lebensstil betreffen, können auch genetische, anatomische, mikrobiologische, endokrine, psychologische und immunologische Faktoren das Risiko für WSA erhöhen.

Unter anderem können Stress und traumatische Erlebnisse während der Schwangerschaft zu einem Abortgeschehen beitragen. Dabei ist jedoch noch nicht klar, ob dies durch das Stressereignis selbst oder durch ein damit einhergehendes gesundheitsschädliches Verhalten bedingt wird.

Alkohol und Tabak sind tabu – Kaffee ist erlaubt

Eine erhebliche Gefahr stellt weiterhin Alkohol- und Nikotinkonsum dar. Im Falle einer Schwangerschaft sollte darauf unbedingt verzichtet werden. Entwarnung geben die Leitlinienautoren hingegen bei Kaffee: zumindest ein mäßiger Konsum scheint die Abortwahrscheinlichkeit nicht zu erhöhen.

Auch Unter- und Übergewicht können das Risiko für Fehlgeburten erhöhen. Deshalb sollten von WSA betroffenen Patientinnen geeignete Maßnahmen zur BMI-Reduktion bei einem BMI ab 25 kg/m2 bzw. zur BMI-Erhöhung bei einem BMI von unter 18,5 kg/m2 angeraten werden.

Risiko hängt nicht nur von Lebensstil ab

Genetische Risikofaktoren für WSA umfassen Chromosomenstörungen und monogenetische Krankheiten. Diese gilt es durch (zyto-)genetische Analysen zu identifizieren und im Rahmen einer humangenetischen Beratung mit den betroffenen Paaren zu besprechen.

Zu den anatomischen Risikofaktoren zählt beispielsweise ein Uterusseptum. Je nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung wird hier ein abwartendes bzw. operatives Vorgehen empfohlen. Liegen mikrobiologische, endokrine oder immunologische Risikofaktoren vor, können zielgerichtete Therapien – unter Umständen auch in einem interdisziplinären Team – sinnvoll sein.