Mehr als 300 Apotheken mussten seit Jahresbeginn schließen
dpa infocomDas Apothekensterben in Deutschland geht weiter: Allein im Laufe dieses Jahres haben mehr als 300 Apotheken ihren Betrieb aufgegeben. Bis Jahresende wird mit einer weiteren Schließungswelle gerechnet.
Die Zahl der Apotheken in Deutschland nimmt immer weiter ab - und hat inzwischen den niedrigsten Wert seit 1977 erreicht. Am Ende des dritten Quartals 2025 gab es nur noch 16.732 Apotheken bundesweit. Das sind 309 Apotheken weniger als zum Jahresende 2024 (17.041).
Allein im Laufe des dritten Quartals dieses Jahres wurden 71 Betriebsstätten geschlossen. Den 355 Schließungen in den ersten neun Monaten des Jahres 2025 standen nur 46 Neueröffnungen gegenüber. Die Rückgangsdynamik zeigt trotz leichter Beruhigung weiter deutlich nach unten. Dazu kommt, dass im letzten Quartal jedes Jahres erfahrungsgemäß die Schließungszahlen noch einmal deutlich zunehmen, so jedenfalls die Einschätzung in der aktuellen Erhebung der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände). Diese basiert auf den Zahlen der Landesapothekerkammern.
„Mit jeder geschlossenen Apotheke wird der Weg zum Arzneimittel für die Menschen schwieriger“, sagt ABDA-Präsident Thomas Preis: „Ohne eine Apotheke in der Nähe verschlechtert sich die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten sehr deutlich. Verursacher der vielen Apothekenschließungen ist allein die Politik, die seit mehr als einem Jahrzehnt das Apothekenhonorar nicht erhöht hat, während Inflation und Lohnsteigerung die Betriebsergebnisse der Apotheken von Jahr zu Jahr mehr belasten.“ Preis weiter: „Und es kommt noch schlimmer: Jetzt legt das Bundesgesundheitsministerium ein Apothekenreformgesetz vor, das nicht nur den Rückgang der Apothekenzahl weiter fortschreiben wird, sondern durch Deregulierung das flächendeckende Apothekensystem zum Nachteil von Bürgerinnen und Bürger massiv schwächen will. Auch neue Fachkräfte für Apotheken zu finden, wird durch die desolate wirtschaftliche Situation noch schwieriger werden.“
ABDA-Präsident Preis sagt: „Die Bundesregierung muss jetzt unverzüglich ihren eigenen Koalitionsvertrag umsetzen, wo die Honorarerhöhung klar formuliert ist. Dann können sich die Apotheken wieder stabilisieren und neu aufstellen. Mit unserem Positionspapier „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“ haben wir längst Vorschläge gemacht, wie der Weg nach vorne aussehen kann.“
Fixum-Erhöhung wird ausgeklammert
Besonders kritisch sieht die ABDA die nun vorliegenden Referentenentwürfe zur Apothekenrechtsreform aus dem Bundesgesundheitsministerium. Der im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung zugesicherte Rettungsring erweise sich als Luftnummer, so Preis. Die versprochene und dringend notwendige Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro werde im Entwurf komplett ausgeklammert. Verschärfend kämen völlig unzureichende und viel zu ungenaue Mechanismen für zukünftige Honoraranpassungen hinzu.#
Liberalisierung der Apothekenleitung schockiert Verband
Auch die geplanten Änderungen bei den Vertretungsbefugnissen für die Leitung der Apotheke stoßen auf massiven Widerstand. „Es ist richtig, dass wir an einem Fachkräftemangel leiden. Aber diese Entwicklung löst man nicht, indem man die Apothekenleitung liberalisiert und die Apothekerinnen und Apotheker aus der Apotheke streicht“, kritisiert Preis. Darunter litten am Ende nur die Patientinnen und Patienten, weil viele Leistungen ohne anwesende Apothekerinnen und Apotheker gar nicht mehr angeboten werden könnten. „Wo Apotheke drauf steht, muss auch immer eine Apothekerin oder ein Apotheker anwesend sein.“
Weitere Änderungen gefährden Versorgung
Hinzu kommen laut ABDA weitere problematische Änderungsvorschläge des Bundesgesundheitsministeriums in den Bereichen der Gleichpreisigkeit von Arzneimitteln, den Öffnungszeiten von Apotheken und der Dienstbereitschaft. All diese Pläne hätten in Summe zur Folge, dass die qualitativ hochwertige Versorgung der Bürgerinnen und Bürger durch Apotheken immer weiter ausdünnt und schließlich ganz zusammenbrechen könnte, warnt der Verband.
Der ABDA-Präsident kündigte an, die kommenden Wochen und Monate zu nutzen, um die Politik und Gesellschaft auf Landes- und Bundesebene massiv über die Gefahren dieser Pläne zu informieren. Zwar könnten die Menschen von den im Entwurf enthaltenen Vorschlägen zur stärkeren Einbindung der Apotheken in die Primärversorgung profitieren. Allerdings würden auch diese Pläne ad absurdum geführt, wenn man die Apotheken kaputtspart. „Denn nur wirtschaftlich stabile Apotheken und ein flächendeckendes Apothekensystem können diese zusätzlichen Aufgaben hinreichend stemmen.“
Quellen:dpa
ABDA