Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Der Gesetzgeber sowie eine Empfehlung der Bundesärztekammer zur Patientenaufklärung sehen vor, Patienten vor Eingriffen oder medikamentösen Therapien über etwaige Komplikationen zu unterrichten. Nur: Was rechtlich Sinn ergeben mag, hat in der medizinischen Praxis oft einen Pferdefuß.

Negative Folgen durch Aufklärung

So gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass die ärztliche Pflichtinformation über einen möglichen negativen Therapie-Outcome den Erfolg der Behandlung dramatisch senkt. Ja, man kann sogar so weit gehen, dass mit dem derzeit weitläufig praktizierten Aufklärungsgespräch über Risiken und Nebenwirkungen der Bock zum Gärtner gemacht wird.

Nocebo – so lautet das böse Zauberwort, das für einen unterschätzten negativen Effekt eines unbedachten Aufklärungsgesprächs steht. Dabei entspricht Nocebo (lat. ‚ich werde schaden‘) dem Gegenteil des bekannten Placebo (lat. ‚ich werde gefallen‘). Nocebo bezeichnet eine beeinträchtigende Wirkung auf ein Präparat, das selbst keine spezielle Wirkung hat. Ein Beispiel: In einer Doppelblindstudie wurde Patienten eine Kochsalzlösung injiziert. Zuvor hatte man einen Teil der Probanden darüber aufgeklärt, dass es bei diesem Medikament zu einer Nahrungsmittelunverträglichkeit kommen könnte. Ein Viertel zeigte dann auch nach der Injektion allergische Reaktionen.

Nocebo-Effekt beeinflusst Behandlung

Aufgefallen war der Nocebo-Effekt erstmals in den 60er-Jahren bei Forschungsarbeiten zum Placebo-Effekt. Damals stellten US-Wissenschaftler fest, dass sich ein Großteil der Medikamentenwirkung durch die zuvor kommunizierten möglichen Folgen einstellt. Psychologen nennen das „selbsterfüllende Prophezeiung“. Danach tritt das ein, was vor einer Behandlung suggeriert wird.

Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit von Beschwerden steigt drastisch, wenn vom Arzt vor Behandlungsbeginn negative Erwartungen überbetont werden. Interessanterweise geschieht dies meist unbedacht. Sätze wie „Probieren wir mal dieses Mittel aus“ oder „Sie sind ein Risikopatient“ sind wahre Therapie-Killer.

Auf positive Formulierungen achten

Deshalb raten Psychologen: Klären Sie nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich über mögliche negative Folgen einer Behandlung auf. Achten Sie bei einem Aufklärungsgespräch auf ihre Worte. Es macht einen Unterschied, ob Sie zu einem Patienten sagen, „es ist nicht sicher, ob Sie dieses Medikament vertragen, in fünf Prozent der Fälle kommt es zu Nebenwirkungen“ oder „die große Mehrheit der Patienten verträgt dieses Mittel sehr gut!“. Prüfen Sie Ihre Worte am besten an sich selbst: Wenn Sie sich sicher fühlen mit einer Beratung, dann liegen Sie richtig.