Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Schon kurze Wege können für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zur Hürde werden. Ein Behindertenparkplatz direkt vor der Praxis erleichtert den Zugang erheblich – und kann gleichzeitig zur Patientengewinnung und -bindung beitragen. Doch lässt sich eine solche Stellfläche einfach beim Amt beantragen? 

Bedarf begründen

Schwerbehinderte Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung oder Blindheit können gemäß § 45 Abs. 1b Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) einen personenbezogengen Behindertenparkplatz bekommen. Diese Regelung richtet sich allerdings an Einzelpersonen – nicht an Institutionen. Arztpraxen haben also keinen Anspruch auf einen eigenen, reservierten Behindertenparkplatz. Sie können wohl aber beim zuständigen Amt anregen, in Praxisnähe einen öffentlichen Behindertenparkplatz auszuweisen, insbesondere, wenn regelmäßig mobilitätseingeschränkte Patienten behandelt werden. 

Hilfreich bei der Begründung ist der Nachweis, dass die Praxis barrierefrei zugänglich ist, etwa durch einen stufenlosen Eingang, breite Türrahmen, ausreichend Bewegungsflächen für Rollstuhlfahrende und ein behindertengerechtes WC. Eine Praxis, die barrierefrei nach DIN 18040-1 gestaltet ist, kann besonders plausibel begründen, dass der Parkplatz von der Zielgruppe genutzt wird. Diese Norm ist nicht verpflichtend für Bestandsbauten, wenn der Aufwand unverhältnismäßig wäre, wohl aber für Neubauten. Grundlage ist die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie verpflichtet, Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen und diesen durch Barrierefreiheit sicherzustellen.

Je nach Bundesland liegt die Zuständigkeit für Behindertenparkplätze bei unterschiedlichen Behörden. Meist sind es die örtlichen Straßenverkehrs- oder Ordnungsämter, in Berlin bearbeiten die Bezirksämter entsprechende Anträge. 

Der Antrag kann je nach Bundesland und Kommune formlos oder über ein offizielles Formular gestellt werden. In kleineren Gemeinden oder Landkreisen genügt meist ein formloses Schreiben, in dem die Praxis ihren Bedarf erläutert und die gewünschte Stellfläche markiert. Größere Städte verlangen dagegen in der Regel die Nutzung eines standardisierten Formulars, das zusammen mit Lageplan, Fotos und Begründung eingereicht wird. Mancherorts werden Gebühren erhoben, in anderen Orten ist die Bearbeitung gebührenfrei. Bei der Bearbeitungszeit ist mit etwa ein bis drei Monaten zu rechnen.

Zu beachten: Es muss genügend Platz für einen ausreichend breiten Behindertenparkplatz geben (mind. 3,50 m), der das Ein- und Aussteigen mit Rollstuhl ermöglicht. 1,50 Meter werden als seitliche Bewegungsfläche benötigt. Ein abgesenkter Bordstein (höchstens 3 cm) gewährleistet den Zugang. Taktile Markierungen erleichtern die Orientierung.

Signal für Patientenorientierung

Nach Prüfung entscheidet die Behörde, ob ein Behindertenparkplatz nach § 45 StVO eingerichtet wird. Die Markierung erfolgt mit dem blauen Verkehrszeichen 314 für Parken und dem Zusatzzeichen „Rollstuhlfahrer“. Wichtig: Der Platz bleibt öffentlich-rechtlich gewidmet, steht also nicht exklusiv der Praxis zur Verfügung. Nutzbar ist dieser Parkplatz ausschließlich für Menschen, die über einen blauen EU-Behindertenparkausweis verfügen. Diesen erhalten nur Personen mit einem Schwerbehindertenausweis und dem Merkzeichen „aG“ (außergewöhnlich gehbehindert) oder „Bl“ (blind).

Praxen können keinen eigenen Behindertenparkplatz erzwingen, sie können aber argumentieren, dass die Barrierefreiheit nicht an der Praxistür endet. Wer als Praxis die Initiative ergreift, trägt dazu bei, den gesetzlichen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe mit Leben zu füllen – und schafft zugleich ein deutliches Signal für Patientenorientierung.

Erreichbar sein

Neu errichtete Arztpraxen müssen barrierefrei geplant werden. Dazu zählt in der Regel auch die Bereitstellung barrierefreier Parkplätze, sofern Patientenstellplätze vorgesehen sind. Für bestehende Praxen gibt es keine Nachrüstpflicht. Dennoch können sie entsprechende Stellplätze beim Amt anregen, um ihren mobilitätseingeschränkten  Patientinnen und Patienten entgegenzukommen und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention voranzutreiben.

Stichwörter